Stellungnahme zum Entwurf eines zweiten Jahressteuergesetzes 2024

Berlin, 17. Juli 2024

Einleitende Bemerkungen

Am 10. Juli 2024 hat das Bundesministerium der Finanzen den Entwurf eines zweiten Jahressteuergesetzes 2024(JStG 2024 II) vorgelegt. Der Entwurf sieht v.a. folgende für Familien relevante Änderungen vor:

 

Der Grundfreibetrag für Erwachsene und der Kinderfreibetrag werden ab 2025 und erneut ab 2026 angehoben, um Kostensteigerungen zu berücksichtigen und das Existenzminimum für alle Familienmitglieder steuerfrei zu stellen.

Das Kindergeld wird ab 2025 um 5 Euro pro Monat auf 255 Euro erhöht.

Durch eine Verschiebung des Steuertarifs entsprechend der Preisentwicklung wird die „kalte Progression“ ausgeglichen – also der Effekt, dass die Steuerlast durch inflationsentsprechende Lohnerhöhungen ansteigt, ohne dass die Kaufkraft gestiegen ist.

Die Steuerklassenkombination III und V soll abgeschafft und ab 2030 in das Faktorverfahren der Steuerklasse IV überführt werden.

 

Bei den Anpassungen der Steuerfreibeträge an die Preisentwicklung, der entsprechenden Anhebung des Kindergeldes und dem Ausgleich der kalten Progression handelt es sich nicht um gestaltende, sondern um verwaltende Familienpolitik. Ähnliche Maßnahmen haben auch frühere Bundesregierungen vorgenommen. Im historischen Vergleich liegen die Unterschiede darin, ob auch Anpassungen über die Inflation hinaus vorgenommen werden sollten. Das ist aktuell nicht geplant. Die Änderungen sind aber dennoch von hoher Wichtigkeit für die Familien, da sie finanziell bedeutende Auswirkungen haben. Die Anhebung der Steuerfreibeträge ist verfassungsrechtlich geboten. Die gleichzeitige Anhebung des Kindergeldes ist notwendig, damit die Familienförderung erhalten bleibt und alle Familien erreicht werden. Der Ausgleich der kalten Progression verhindert heimliche, durch Inflation eintretende Steuererhöhungen. Der Familienbund begrüßt, dass diese Änderungen vorgenommen werden.

 

Zusammenfassend sind folgende Punkte zu nennen:

 

Die Freibetragsanhebung für das Jahr 2025 erscheint im Hinblick auf die aktuelle Inflation sehr niedrig und sollte noch einmal überprüft werden. Eine Erhöhung um 2 % erscheint aus aktueller Sicht mindestens erforderlich.

Aufgrund der starken Inflation der letzten Jahre kann der BEA-Freibetrag, der den Betreuungs-, Erziehungs- und Ausbildungsbedarf der Familien berücksichtigt, nicht auf dem Stand von 2021 bleiben. Der BEA-Freibetrag muss an die Inflation angepasst werden.

Bei der Kindergelderhöhung muss auch die starke Erhöhung des Kinderfreibetrages im Jahr 2024 berücksichtigt werden. Sonst nimmt die Bundesregierung de facto ihre eigene Aussage zurück, dass die Erhöhung des Kindergeldes zum 1. Januar 2023 auf 250 Euro nicht nur eine Inflationsanpassung, sondern eine Stärkung der Familienförderung und bereits eine Teilumsetzung der vereinbarten Kindergrundsicherung gewesen sei. Fällt die Kindergelderhöhung 2024 aus, sinkt die Familienförderung wieder deutlich. Das Kindergeld muss entsprechend der Freibetragssteigerungen seit 2023 um 7,2 % von 250 Euro auf 268 Euro angehoben werden.

Positiv ist, dass gesetzlich geregelt werden soll, dass bei einer Anhebung der Kinderfreibeträge das Kindergeld entsprechend erhöht wird. Dadurch stärkt der Gesetzgeber die bisherige parlamentarische Praxis. Der Familienbund schlägt vor, die Regelung in § 66 Abs. 3 EStG-E so zu formulieren, dass das Kindergeld mindestens entsprechend der Freibeträge angehoben werden muss. Die Selbstverständlichkeit, dass es auch in Zukunft möglich sein soll – und im Sinne des „besonderen Schutzes der Familie“ (Art. 6 Abs. 1 GG) wäre –, über eine Inflationsanpassung hinaus die Familienförderung zu stärken, sollte klargestellt werden.

 

Die Abschaffung der Steuerklassenkombination III/V sieht der Familienbund als Kompromiss in der Debatte um das Ehegattensplitting, das im Gegenzug erhalten bleiben muss. Die Reform bringt Vorteile für die Geschlechtergerechtigkeit, da die demotivierende Wirkung einer übermäßigen Besteuerung des weniger verdienenden Partners entfällt. Da Alleinverdienerfamilien über die Steuerklassenkombination IV/IV mit Faktor eine ähnliche Wirkung erzielen können wie über die Steuerklassenkombination III/V, beschränken sich die Nachteile im Wesentlichen auf einen höheren bürokratischen Aufwand. Dieser muss durch eine gute verwaltungspraktische Umsetzung der Reform weitgehend vermieden werden. Ein leicht erhöhter Aufwand könnte für eine gerechtere Besteuerung beider Ehepartner in Kauf genommen werden.

Die vollständige Stellungnahme als Download (pdf)