Wohnungspolitik in Bayern – Lösungsansätze für „die größte soziale Frage der nächsten Jahre und Jahrzehnte“ auf Landesebene

Wohnen

Gastbeitrag in der Stimme der Familie 02/2018 von Natascha Kohnen, Landesvorsitzende und Spitzenkandidatin der SPD in Bayern 

Vor zwei Jahren haben wir das 70-jährige Jubiläum der Bayerischen Verfassung gefeiert. Sie ist eine Vorgängerin des Grundgesetzes und viele Besonderheiten, auf die wir stolz sind, die finden sich drei Jahre zuvor schon in der Bayerischen Verfassung. Der Sozialdemokrat Wilhelm Hoegner war 1946 nicht nur Bayerischer Ministerpräsident, als die Verfassung beraten, verabschiedet und vom Volk mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit gebilligt wurde, sondern er hatte auch schon wesentliche Teile des Textes aus dem Schweizer Exil mitgebracht. Wichtige Gedanken, die dann im Grundgesetz eine große Rolle spielen, waren schon darin enthalten. So zunächst Artikel 1 „Die Menschenwürde ist unantastbar“. Genau derselbe Gedanke steht schon in der Bayerischen Verfassung und zwar im Artikel 100. Ich bin der Meinung, es gehört zur Menschenwürde dazu, dass man sich das eigene Dach über dem Kopf leisten kann. Zumal in einem so reichen Land wie dem unseren. 
Heute hören wir zum Thema Wohnen Äußerungen wie: „ein Politikbereich ist aus dem Dornröschenschlaf erwacht“ oder „die Wohnungsfrage ist zurück auf der Agenda“. Und es steht auch die Frage im Raum, wie es zur derzeitigen Situation kommen konnte, dass bezahlbare Wohnungen knapp sind und sich die Wohnungssuche besonders in den Städten gleichsam zu einer Glückslotterie entwickelt hat. 
Erstens: die Wohnungsfrage ist in der Politik nicht erst seit 2018 „zurück auf der Agenda“. Die große Koalition hat in den letzten vier Jahren schon Vieles geleistet und ich freue mich, dass Sie nachher Gelegenheit haben, sich mit meinem Kollegen Florian Pronold direkt auszutauschen. Als Staats-sekretär hat er in diesen vier Jahren zentral in der Wohnungspolitik gearbeitet und er kann Ihnen über die letzten vier Jahre auf Bundesebene aus erster Hand berichten. 
Allerdings hat die Wohnungspolitik – wie die Bildungspolitik übrigens auch – eine Eigenheit: es dauert, bis die Wirkungen spürbar sind. Wohnungspolitik braucht eben auch Zeit.  Die Erkenntnisse aus den letzten vier Jahren haben wir genutzt, als wir im Februar bei den Koalitionsverhandlungen mit der Union in dem Bereich gerungen haben. 
Wir haben unter anderem vereinbart, dass der Bund zwei Milliarden Euro zusätzlich in den Bau von Sozialwohnungen investiert. Und etwas, das sehr dringend war: das Grundgesetz soll geändert werden, damit sich der Bund dauerhaft beim sozialen Wohnungsbau engagieren kann. Bisher endet diese Möglichkeit im Jahr 2019. Wir gehen an die Spekulation mit Bauland ran und wir stoppen extreme Mieterhöhungen nach Modernisierung oder Sanierung.
Dies nur kurz zu einzelnen Punkten vorab. Mein Kollege Florian Pronold wird auch dazu noch ausführlicher erklären, was wir vereinbart haben. Ich selbst war bei diesen Verhandlungen gemeinsam mit meinem Kollegen Michael Müller aus Berlin und Uli Maly, dem Oberbürgermeister von Nürnberg, federführend für die SPD. 
Wenn Wohnungspolitik, die wirkt, aus vielen einzelnen Maßnahmen besteht, so sollte sie doch in einem größeren Rahmen eingebettet sein. Es geht um einen Rahmen von politischen Werten und um die Frage, welche Rolle der Staat spielen soll. Sieht man den Staat als eine Art Feuerwehr, die nur im Notfall einspringt – oder soll er eine aktive Rolle spielen, breite Schultern haben und auf einem stabilen Fundament stehen? 
Ich möchte sie deshalb zu Anfang zu einem Blick zurück auf die letzten Jahrzehnte einladen, um die Frage zu beantworten, wie es zur heutigen Situation auf dem Wohnungsmarkt kommen konnte. Denn entscheidend für die Wohnungspolitik der Zukunft wird sein, die Fehler und Irrtümer der Vergangenheit nicht zu wiederholen. 
Wohnen ist ein fundamentales Grundbedürfnis. Und es gehört entsprechend dazu, es als Aufgabe der Daseinsvorsorge zu würdigen. Die eigene Wohnung als geschützter Raum ist  der Ort, an dem sich Menschen erholen, voll und ganz sie selbst sind, im Privaten Gemeinschaft erleben oder sich auch mal völlig zurückziehen können, von allem, was sie „da draußen“ erwartet. Die eigene Wohnung ist aber auch Grundvoraussetzung für gesellschaftliche Teilhabe: so zum Beispiel, um an Wahlen teilzunehmen, ist eine eigene Adresse erforderlich. Und das Wohnen wird mehr und mehr zu einem Bereich, in dem gesellschaftliche Ungleichheit und Einkommensunterschiede besonders spürbar werden. 
Nicht zuletzt das Thema Integration: sie funktioniert durch eine räumliche Integration in vorhandene Wohnstrukturen. Ein geordneter Städtebau ist Basis für stabile, gut durchmischter Wohnquartiere. Und er verhindert so die Stigmatisierung von Quartieren und Stadtteilen.
Die Antwort auf die Zukunftsfrage Wohnen birgt eine eigene Dimension für unsere Demokratie und unser Zusammenleben. 
Ungleichgewicht herrscht derzeit nicht nur zwischen bezahlbarem Wohnraum einerseits und dem Angebot an Luxusimmobilien andererseits. Sondern auch beim Unterschied zwischen Stadt und Land: Während die Großstädte wachsen, verlieren ländliche Gegenden an Bevölkerung. Die Wohnungsmärkte in den Städten sind angespannt und die Knappheit trifft weite Teile der Bevölkerung. In ländlichen Räumen stagniert oder schrumpft sie und Gebäude stehen leer. 
Gründe für diese Entwicklung gibt es viele: Die Menschen zieht es seit Jahren in die Ballungsräume, da sie dort Arbeit finden, eine Ausbildung oder ein Studium machen wollen – oder weil sie schlicht das Stadtleben vorziehen. Das betrifft dann auch junge Familien, die früher lieber „draußen im Grünen“, also vor der Stadt, lebten. Heute ist das anders: diese Bevölkerungsgruppe bleibt in größeren Teilen in der Stadt. 
Das ist auch der Grund, warum es bis vor Kurzem zu Geburtenüberschüssen in den Städten kam. Dieser Trend verändert sich aber gerade, fand das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung heraus und die Kinderzahlen schwanken je nach Kommune erheblich. Die Ursachen sind zu wenig bezahlbare Wohnungen, dürftige Betreuungsangebote und Wohnquartiere, deren Umfeld für Kinder wenig geeignet ist, da es kaum Grünflächen oder Spielplätze gibt. 
Ein weiterer großer Unterschied zu früher: Die Zahl der Haushalte wächst – und zwar deutlich schneller als die Bevölkerung. Das hängt damit zusammen, dass die durchschnittliche Haushaltsgröße immer weiter absinkt. Die Bevölkerung verteilt sich also insgesamt auf immer mehr Haushalte. 
Für die Zukunft ist es natürlich möglich, dass sich diese Trends umkehren: Schaffen wir eine gute Infrastruktur für eine digitalisierte Arbeitswelt, können dann auch mehr Arbeitsplätze im ländlichen Bereich entstehen. Schon heute würden junge Start-Ups gerne die günstigen Büropreise im ländlichen Raum nutzen – können es aber nicht, weil der Internetanschluss zu langsam ist. Gerade in Bayern gibt es hier viel Nachholbedarf. Es wäre also sehr eng gedacht, die Lösungen der Zukunft für die Wohnungsfrage in Bayern nur in einem politischen Ressort zu denken. 
Anderes Beispiel, Arbeitswelt: Haben die Menschen in Zukunft die Möglichkeit, mehr von zuhause zu arbeiten, das berühmte Home Office also, möchten sie vielleicht seltener mit ihren Familien in die Städte ziehen. Denn ein Wohnort in der Stadt ist auch deswegen attraktiv, weil man weniger pendeln muss und nicht so weite Verkehrswege zur Arbeit hat. 
Und was die Haushalte betrifft: vielleicht beschließen die Menschen, die in zehn oder zwanzig Jahren in Rente sind, sich zu Wohngemeinschaften zusammen zu schließen. Immerhin ist das dann eine Generation, die mehr Mut zu Wohngemeinschaften hat, weil sie das auch aus der Jugend kennt? Wir haben heute Ansätze dazu mit den Mehrgenerationen-Häusern. Auch das ein Beispiel dafür, dass sich das Thema nur mit vernetztem Denken klug denken lässt.

Zunächst ist das Zukunftsmusik. 
Zurück zur Frage, wie es zum überhitzten Wohnungsmarkt kommen konnte: Was ist in der Vergangenheit passiert, abgesehen von dem veränderten Lebensstil der Menschen?
In den ersten Jahrzehnten nach dem zweiten Weltkrieg wurde notgedrungen viel gebaut. Der Artikel in der Verfassung aus der Ära von Wilhelm Högner entstand natürlich auch angesichts zerstörter Städte damals. 
In den nachfolgenden Jahrzehnten wurde also konstant Wohnraum geschaffen – und dies vielfach durch gemeinnützige Akteure. Ende der 70-er Jahre galten die Wohnungsmärkte in Deutschland als entspannt. Wohnungsnot, so meinte man, gehörte nun der Vergangenheit an. Das Thema war politisch nicht mehr brisant. So weit, so gut.

Allerdings: Das Bewusstsein, dass Wohnen zentral ist für den Lebensalltag der Menschen – und auch zentral für die gesellschaftliche Stabilität, ging offenbar verloren. 
Die neoliberale Ära hatte in den 80-er Jahren begonnen, sich breit zu machen. Stichwort Reaganomics in den USA und der Thatcherismus in Großbritannien. Der Staat an sich galt plötzlich als Entfaltungsbremse für eine florierende Wirtschaft. Ein regelrechtes Anti-Staatsdogma bahnte sich an. Privatisieren war das Zauberwort. Und auch in Deutschland verkaufte die öffentliche Hand viel Tafelsilber – darunter öffentliche, kommunale und landeseigene Wohnungsbestände. Große Bestände wechselten aus dem früher gemeinnützigen Wohnungssektor in private Hände. 
Ab 1990 wurde auch die Wohngemeinnützigkeit abgeschafft. Das heißt, ca. 1.800 gemeinnützige Wohnungsunternehmen in Deutschland wurden durch eine neue Gesetzeslage einerseits der Körperschaft-, Gewerbe- und Vermögenssteuerpflicht unterworfen, auf der anderen Seite aber auch von bestimmten gesetzlichen Bindungen befreit.
Mit der Wohnungspolitik der 90-er Jahre änderte sich auch die Ausrichtung des Wohnungsmarktes insgesamt. Die Wohnimmobilie wurde zunehmend auch als Handelsware betrachtet. Sozial- und Mietpreisbindungen liefen aus und wurden gar nicht oder nicht ausreichend erneuert. 
Als allerdings im Jahr 2013 der damalige Finanzminister Söder 33.000 Wohnungen der bayerischen gemeinnützigen Immobiliengesellschaft GBW verkaufte, war die Erkenntnis längst da: Wohnungen der öffentlichen Hand sind ein Schatz, der definitiv nicht unter den Hammer gehört. Wir haben damals gefordert, die Wohnungen als Freistaat von der BayernLB selbst zu kaufen, denn schließlich ging es hier um 85.000 betroffene Mieterinnen und Mieter. Söder schloss damals aber sehr schnell den Kauf der Wohnungen durch den Freistaat selbst aus. Das wäre allerdings auch die Chance gewesen, eine landeseigene Wohnbaugesellschaft zu gründen. 
Deswegen, meine verehrten Damen und Herren, bin ich der Meinung: am Anfang aller Wohnungspolitik steht die Priorität der Werte eines Politikers oder einer Politikerin. Wollen wir einen starken Staat, der seine öffentliche Daseinsvorsorge wahrnehmen kann? Oder ist er ein notwendiges Übel und Privatisierung hat Vorrang? Denn je nach Wertung ergeben sich verschiedene Folgen für die Wohnungspolitik.
Und glauben Sie mir, diese unterschiedliche Wertung war auch im Rahmen der Koalitionsverhandlungen spürbar.
Entscheide ich mich für einen starken Staat, dann ist auch ein großes staatliches Bauprogramm folgerichtig. Das möchte ich für Bayern.

Nach dem Krieg war jede zweite Wohnung eine Sozialwohnung.  Der Bestand an Sozialwohnungen in Bayern hat sich aber alleine seit 1999 halbiert. Die Landesmittel für den geförderten Wohnungsbau sind auf einem historischen Tiefstand angekommen. In Bayern kommen 11 Sozialwohnungen auf je 1.000 Einwohner. In Hamburg beispielsweise sind das 20. Wollen wir das drehen, brauchen wir entsprechende Strukturen. Es muss eben die Erkenntnis kommen, dass Bauen ein eigenes Aufgabenfeld für die Politik ist.
Ein eigenes Bauministerium wäre in Bayern angemessen. Und wir brauchen schnell eine landeseigene Wohnbaugesellschaft die leistungsfähig ist und gut mit Kapital ausgestattet. In einer solchen kann dann der Freistaat auf eigenen Grundstücken Mietwohnungen für Personen, die Anspruch auf geförderte Wohnungen haben, schaffen - und ebenso für seine Bediensteten. 
Die Planung der Projekte erfolgt dann natürlich in Abstimmung mit den Kommunen und deren Wohnungsbaugesellschaften. Und es versteht sich von selbst, dass die Gesellschaft wirksam vor einer Privatisierung geschützt wird. In dieser Gesellschaft alleine sollen in den kommenden fünf Jahren 25.000 Wohnungen entstehen.
Insgesamt ist unser Ziel, in diesem Zeitraum 100.000 zusätzliche, bezahlbare Wohnungen in Bayern zu schaffen. Wohlgemerkt, keine hochpreisigen Luxusbauten, sondern bezahlbarer Wohnraum für alle. Ja, das ist ambitioniert, aber es ist machbar. Bayern hat die nötigen finanziellen Mittel. Also wann, wenn nicht jetzt?
Kommunen brauchen mehr Freiraum, wenn sie bauen wollen. Das heißt zum Beispiel mehr Möglichkeiten, um gemeinsame Wohnungsbaugesellschaften über die Grenzen von Gebietskörperschaften hinweg zu gründen – und auch Landkreise sollen sich an solchen Gesellschaften beteiligen können. Wir müssen wirklich alle Kräfte bündeln. 
Und wir müssen die Wohnungsnot gemeinsam bekämpfen, Kommunen, Land und Bund zusammen!

Wir werden außerdem für die Haushalte klarstellen, dass Kreditaufnahmen und bestehende Kredite für den Wohnungsbestand von Kommunen nach wohnungswirtschaftlichen Kriterien beurteilt werden. Also in der Beurteilung der finanziellen Leistungsfähigkeit der Kommune getrennt von den sonstigen Haushaltsteilen.
Wir brauchen ein bayerisches Wohnungsaufsichtsgesetz, damit die Kommunen wirksam gegen Missstände bei Mietwohnungen vorgehen können.
Für die Mieter, die in gefördertem Wohnraum leben, müssen wir die Sozialbindung verlängern – über 25 Jahre hinaus. Sozialbindung von Wohnungen gilt normalerweise 20 Jahre, aber jedes Jahr fallen hier Wohnungen raus und so beginnt die Preisspirale nach oben. Die Sozialbindung geförderter Wohnungen gehört erheblich ausgeweitet. Das heißt auch, bestehende Belegungsrechte verlängern und neue dazu kaufen.

Das alles ist möglich. Man muss es nur wollen!
Die Förderung von Wohnungsbaugenossenschaften ist eine der nachhaltigsten Methoden, günstigen Wohnraum zu schaffen und langfristig zu gewährleisten, dass dieser auch bezahlbar bleibt. Wir wollen, dass Genossenschaften – bestehende wie neu gegründete – als eigene Säule in die Wohnraumförderung aufgenommen werden. 
Und wir haben das große Thema Grundstücke: Solche, die für Wohnungsbau geeignet sind und auf denen die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft nicht selber baut, können vergünstigt an Wohnungsbaugesellschaften abgegeben werden. Allerdings unter der Vorgabe, dass diese Flächen für geförderten Wohnungsbau genutzt werden müssen, bevorzugt in Erbpacht, um die Kontrolle über den Boden zu behalten. Auch den Kommunen wollen wir eine entsprechende Bodenpreispolitik ermöglichen. Umgekehrt muss der Verkauf staatlicher Grundstücke an Kommunen wiederum erleichtert werden.
Denn die Realität sieht so aus, dass der Freistaat seine Grundstücke heute nach wie vor zu Marktpreisen verkauft. 
Und der Freistaat Bayern hat nicht einmal einen Überblick über seine bebaubaren Flächen. Das heißt, wir brauchen sofort einen Überblick über unsere vorhandenen Flächen, die für Wohnungsbau geeignet sind.
Über den Bundesrat müsste sich Bayern für ein neues Bodenrecht stark machen. Zum Beispiel für die Möglichkeit, in Bebauungsplänen Vorgaben über den Wohnungsmix festzulegen (Wohnungsgrößen, Mietwohnungen, geförderte Wohnungen) und für eine Abschaffung der Spekulationsfrist.
Wichtig ist jedenfalls, dass Boden-Spekulanten sich nicht ihre Taschen füllen können und nutzbares Bauland nicht einfach brach liegt. Wir als SPD haben im Koalitionsvertrag nun dafür die Weichen gestellt – dazu hören Sie später von meinem Kollegen Florian Pronold Genaueres.
Um die Kosten beim Bauen generell zu senken, lohnt es sich, an Vorschriften ranzugehen. Die bayerische Bauordnung und deren Ausführungsbestimmungen gehören daraufhin überprüft, ob die notwendigen Standards bei Barrierefreiheit, Energieeffizienz und Brandschutz nicht auch mit weniger detaillierten und kostengünstigeren neuen Vorgaben zu erreichen sind. Auch ansonsten streben wir eine Vereinfachung der Bauvorschriften an. Im Bund werden wir entsprechend aktiv werden.
Schließlich das Thema Förderprogramme. Hier wurden in der Vergangenheit gerne Spielchen gespielt. Als in der letzten Koalitionsperiode die SPD-Ministerin im Bund die Mittel für den sozialen Wohnungsbau verdreifachte, hat Bayern die eigenen Mittel dann mal gleich halbiert. So etwas darf in Zukunft nie mehr passieren.

Das Programm für Wohnraumförderung im Freistaat gehört mit der aktuellen Finanzausstattung auf eine stabile Grundlage – und bei Bedarf brauchen wir eine Erhöhung. Wir brauchen auch besondere Förderungen für die Barrierefreiheit, inklusive Wohnformen, Studierende, Auszubildende, Seniorinnen und Senioren, Familien sowie für flexible Wohnformen.
Die bestehenden Programme des Bundes, der KfW und des Freistaats zum barrierefreien Umbau und zur energetischen Sanierung des Wohnungsbestandes gehören ergänzt. Wer die Förderung in Anspruch nimmt, dem kann man im Gegenzug Vorgaben machen zur Miethöhe nach Sanierung.
Städtebauförderungsprogramme des Bundes können jederzeit um eigene Programme – insbesondere zur barrierefreien oder energetischen Sanierung von Quartieren – ergänzt werden. Auch in neu entstehenden oder zu verdichtenden Stadtteilen kann soziale Infrastruktur gefördert werden.
Wir sollten bei all dem bedenken, was auf dem Spiel steht: Unter den Top-30 der deutschen Kommunen mit den höchsten Wohnkostensteigerungen der vergangenen Jahre, liegen 26 in Bayern. Seit 2007 sind in Bayern die Mieten um mehr als ein Drittel gestiegen. Die Baugrundpreise für Einfamilienhäuser sind in den letzten 10 Jahren um 86% Prozent und für Wohnungen um 60% Prozent gestiegen. 
Ich habe vor etwa 20 Jahren in Paris gelebt. Dort kann man gut sehen, was passiert, wenn die Politik nicht eingreift. Da wohnen tatsächlich nur noch die oberen zehn Prozent in der Stadt und der Rest wird rausgedrängt. So verliert man aber auch seine Heimat und seinen Platz in der Gesellschaft.
Wenn Land auf, Land ab, egal wo ich inzwischen hinkomme, Menschen fürchten, dass sie nicht mehr dort leben können, wo sie leben möchten, dass sie ihre Heimat verlieren: Dann gehen Vertrauen und Zuversicht in die Zukunft, in unser Land und in die Politik verloren. Und das führt zu Verunsicherung. Und schwächt die Gesellschaft.
Wir müssen die Wohnungskrise bewältigen, nur so geben wir den Menschen Sicherheit und Vertrauen, auch in die politische Handlungsfähigkeit. Denn auch das steht auf dem Spiel. 
Wir stehen damit vor einer unserer größten gesellschaftlichen Herausforderungen. Die Frage nach einer bezahlbaren Wohnung wird zu der sozialen Frage der nächsten Jahre und Jahrzehnte in unserem Land.

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