Nachdem Bund und Länder beschlossen haben, den geltenden Lockdown bis Ende Januar zu verlängern, machen Experten verstärkt auf die Situation von Familien aufmerksam. Die Schließung von Kitas und der fehlende Präsenzunterricht an Schulen stelle viele Eltern vor kaum lösbare Probleme und erfordere Alternativen, hieß es.
Die Katholische Erziehergemeinschaft (KEG) Bayern mahnte mehr Planungssicherheit für den Schulbetrieb an. "Familien müssen sich sicher sein, dass ihre Kinder in unserem Bildungssystem aufgefangen und gerecht behandelt werden", erklärte KEG-Landesvorsitzende Walburga Krefting am Mittwoch. "Nur mit einem mutigen und langfristigen Konzept kann uns das in diesem fortgeschrittenen Schuljahr für alle Jahrgangsstufen und alle Schularten gelingen." Offene Schulen und ein Präsenzunterricht für alle sei angesichts der Infektionszahlen für sie zurzeit nicht denkbar.
Der Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte, Thomas Fischbach, kritisierte dagegen die Verlängerung der Schulschließungen. Wo das Infektionsgeschehen besonders dramatisch sei, müssten "natürlich" Ausnahmen gemacht werden, eine flächendeckende Schließung sei aber "eindeutig der falsche Weg", sagte er der "Neuen Osnabrücker Zeitung".
Die Bundeselternvertretung im Kita-Bereich kritisierte, dass die Belastungen der Corona-Maßnahmen "nahezu unkompensiert den Eltern und Kindern aufgebürdet" würden. Die nun zusätzlich in Aussicht gestellten Kinderkrankentage für Eltern seien kein adäquater Ersatz für die Betreuung, sondern allenfalls eine flexible Ergänzung, erklärte Vorstandsmitglied Janine Herzberger.
Bereits am Dienstag hatte der Familienbund der Katholiken vor dem Entstehen einer "Lost Generation" von Kindern und Jugendlichen im Kampf gegen die Corona-Pandemie gewarnt. "Eine Politik, die die Corona-Pandemie in den Griff bekommen will, ohne Kinder und Jugendliche angemessen zu beachten, gefährdet die Zukunftschancen einer ganzen Generation", sagte dessen Präsident Ulrich Hoffmann in Berlin.
Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) verteidigte die Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie. Deren Verlängerung bis Ende Januar sei "unumgänglich". Die beschlossene Ausweitung der Kinderkrankentage nehme Eltern finanzielle Sorgen und lindere Probleme mit der Vereinbarkeit.
Nach den neuen Beschlüssen gewährt der Bund pro Elternteil zehn zusätzliche Tage Kinderkrankengeld, für Alleinerziehende 20 Tage. Das soll auch dann gelten, wenn Kinder wegen pandemiebedingter Kita- oder Schulschließungen zu Hause betreut werden müssen.
In Deutschland wurden von März bis Ende Dezember nach Expertenangaben etwa 800 Kinder mit dem Coronavirus in einem Krankenhaus behandelt. Der Leiter der Kinderklinik des Universitätsklinikum in Dresden, Reinhard Berner, bezieht sich damit laut Funke Mediengruppe auf das Register der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI), in dem alle Kinderkliniken ihre stationären Fälle melden. Das sei "enorm wenig" angesichts von 14 Millionen Kinder und Jugendlichen. (KNA)