Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) rechnet mit einer baldigen Verbesserung der Lohnsituation in der Pflege. "Ich gehe davon aus, dass in den nächsten Wochen erreicht wird, dass der Pflegemindestlohn kräftig steigt durch die Pflegemindestlohn-Kommission", sagte Heil der "Welt am Sonntag". Weiter geht der Minister davon aus, "dass wir zu einem Tarifvertrag kommen, den ich für die gesamte Branche - nicht nur für Pflegehilfskräfte, sondern vor allen Dingen für qualifizierte Pflegekräfte - allgemeinverbindlich erklären kann". Hinsichtlich der von ihm befürworteten Erhöhung des allgemeinen gesetzlichen Mindestlohns auf 12 Euro sagte Heil: "Erst mal sollten all jene, die die Einführung des Mindestlohns 2015 als Jobkiller bezeichnet haben, einräumen, dass sie unrecht hatten." Die Mindestlohnkommission werde vor dem Sommer einen Vorschlag zur weiteren Erhöhung machen. Danach werde man klären, "wie wir Richtung zwölf Euro kommen können". Sein eigentliches Anliegen sei aber, "anständige Löhne oberhalb dieser absoluten Untergrenze zu haben. Deshalb müssen wir vor allem die Tarifbindung stärken", sagte Heil weiter. Die Einführung des Mindestlohns habe in den letzten Jahren dazu beigetragen, dass das wirtschaftliche Wachstum durch eine höhere Kaufkraft gestärkt wurde. "Wir reden zum Großteil über Sektoren, die nicht im internationalen Wettbewerb stehen", sagte der Minister. Deshalb sei das Argument, dass ein höherer Mindestlohn in bestimmten Bereichen in der internationalen Konkurrenz zu Arbeitsplatzverlusten führt, nicht stichhaltig. Oft gehe es um soziale Dienstleistungsberufe, die mehr wertgeschätzt und besser bezahlt werden müssten. "Billiglöhne wirken oft auch volkswirtschaftlich kontraproduktiv", sagte Heil und verwies auf Branchen wie die Pflege, wo Arbeitskräftemangel herrscht.
Der Missbrauchsbeauftragte der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Stephan Ackermann, sieht die Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche als "kirchengeschichtliche Zäsur". Die Aufarbeitung "wird weiter schwierig und schmerzlich bleiben und zu Aggressionen oder zu Enttäuschungen führen", sagte der Bischof vor kurzem in Trier mit Blick auf den zehnten Jahrestag der ersten Veröffentlichungen am 28. Januar. Der Skandal habe die Kirche massiv erschüttert und verändert; die Aufarbeitung habe Fragen nach Macht, Strukturen und Transparenz aufgeworfen. Zur Frage nach der derzeit diskutierten Neuregelung von kirchlichen Entschädigungszahlungen für Betroffene sexuellen Missbrauchs legte Ackermann noch keinen konkreten Zeitplan vor. Auf der Frühjahrsvollversammlung der Bischöfe in Fulda werde zunächst über die Weiterentwicklung des Konzepts entschieden, nicht unbedingt über die konkrete Höhe und die Modalitäten der Entschädigungszahlungen. Ackermann kündigte zudem an, einen mit dem Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, erarbeiteten Vorschlag zur Aufarbeitung mit den anderen Bischöfen zu besprechen. Erreicht werden solle eine standardisierte Form der Aufarbeitung für alle Bistümer. Klar sei, dass die Aufarbeitung nach den entwickelten Kriterien "für jedes Bistum ein Prozess wird, der Ressourcen in Beschlag nimmt", so Ackermann weiter. Ackermann äußerte sich aus Anlass der vor zehn Jahren losgetretenen Debatte über sexuellen Missbrauch in der Kirche. Seitdem ist der Trierer Bischof Sonderbeauftragter der Deutschen Bischofskonferenz für das Thema. Das Amt wurde im Februar 2010 eingerichtet, nachdem der Jesuit Klaus Mertes Ende Januar Fälle sexuellen Missbrauchs an der Berliner Jesuitenschule CanisiusKolleg öffentlich machte, die eine bis heute anhaltende Debatte über Missbrauch in der katholischen Kirche in Deutschland auslösten. Mertes sieht weiter Anhaltspunkte dafür, dass sexueller Missbrauch durch Kleriker vom kirchlichen System begünstigt werde. "Die Täter brechen ja nicht einfach von außen in die Kirche ein, sondern kommen aus dem Innersten der Kirche, tragen in ihr Verantwortung und repräsentieren", sagte Mertes dem katholischen Internetportal domradio.de in Köln. Der Missbrauchsskandal sei ein Signal, umzudenken. Einen echten Umschwung in der Kirche hält der Jesuit für möglich: Dann, wenn die Kirche weltweit begreife, "dass es im innersten Kern der Sendung der Kirche schädlich bis zerstörerisch wirkt, wenn sie nicht in der Lage ist, Kinder vor Tätern und Vertuschung zu schützen". Ackermann sagte mit Blick auf die vergangenen zehn Jahre weiter: "Es gibt keine andere gesellschaftliche Gruppe, die so strukturiert wie wir dieses Thema über zehn Jahre bearbeitet." Die Kirche habe sehr viel auf den Weg gebracht. Sein eigener Blick auf die Kirche habe sich in der Zeit allerdings auch verändert. Er habe "in viele Abgründe" schauen müssen und gesehen, was Menschen in der Kirche, darunter vor allem Priester, Kindern und Jugendlichen angetan hätten. "Das ist ein Erschrecken, das nicht nachlässt." (Familienbund der Katholiken/Sascha Nicolai/KNA)