Rund ein Jahr nach Beginn der corona-bedingten Einschränkungen in Deutschland zeichnen sich die Auswirkungen auf Kinder, Jugendliche und Familien laut Unicef immer deutlicher ab. "Schulschließungen und die vielfältigen Einschränkungen des öffentlichen und privaten Lebens gefährden nicht nur die Bildungserfolge der jungen Menschen, sondern beeinträchtigen ihr gesamtes Wohlbefinden und ihre Zukunft", heißt es im "Bericht zur Lage der Kinder in Deutschland", den das UN-Kinderhilfswerk am Dienstag in einer digitalen Pressekonferenz vorstellte. Auch unabhängig von der Pandemie hätten nicht alle Kinder vergleichbare Entwicklungschancen.
So seien die psychische Situation und die Zufriedenheit von Kindern in Deutschland schon vor Corona schlechter gewesen als in anderen Industrieländern. 21 Prozent der 15 Jahre alten Mädchen und 13 Prozent der gleichaltrigen Jungen erklärten demnach, mit ihrem Leben unzufrieden zu sein. 16 Prozent der jungen Frauen in Deutschland schätzten sich selbst als depressiv ein. Zwar erklärten 91 Prozent der befragten Jugendlichen, ihre Eltern als unterstützend zu erleben. "Doch die durch Covid-19 bedingten Einschränkungen der öffentlichen Räume für Kinder verschärfen bestehende Ungleichheiten und erhöhen den Stress für Familien."
Nach wie vor hätten Kinder aus Einwandererfamilien sowie Kinder von Alleinerziehenden schlechtere Startchancen, heißt es in dem Report. Kinder und ihre Bedürfnisse müssten stärker berücksichtigt werden. Sie bräuchten öffentliche Räume wie Bildungseinrichtungen und Freizeitmöglichkeiten. Benachteiligte Mädchen und Jungen müssten durch materielle Leistungen und bessere Infrastruktur gefördert werden. Zudem sei es an der Zeit, "dem Wohlergehen von Kindern bei den Maßnahmen zur Bewältigung der Pandemie und zur Neugestaltung unserer Welt nach Covid-19 Priorität einzuräumen", mahnte der Vorstandsvorsitzende von Unicef Deutschland, Georg Graf Waldersee.
Der Unicef-Bericht basiert auf Daten, die der Familiensoziologe Hans Bertram analysiert hat. Er bezieht sich auf das Konzept des kindlichen Wohlbefindens, dessen Indikatoren laut UN-Kinderrechtskonvention sechs Dimensionen umfassen: das subjektive Wohlbefinden, die Beziehungen zu den Eltern, Bildung, Gesundheit, Verhalten und Risiken sowie materielles Wohlbefinden. (KNA)