Die Opposition im Bundestag hat die geplanten Anpassungen beim Elterngeld als unzureichend kritisiert. Nach dem am Freitag erstmals beratenen Gesetzentwurf der Bundesregierung sollen Eltern die staatliche Leistung flexibler in Anspruch nehmen können. Zudem ist ein zusätzlicher sogenannter Frühchenmonat vorgesehen für Eltern von Kindern, die sechs Wochen und mehr vor dem Geburtstermin geboren werden. Elterngeld bekommen Mütter und Väter, wenn sie nach der Geburt des Kindes nicht oder vorerst nur wenig arbeiten.
Der FDP-Abgeordnete Grigorios Aggelidis kritisierte die Änderungen als "halbherziges Update". Die Berechnung des Elterngeldes müsse digital und schneller erfolgen, sagte er. Der "Frühchenmonat" hingegen sei zu starr und sollte wie auch andere Bereiche flexibler gestaltet werden.
Katrin Werner (Linke) bemängelte, dass dringende Probleme mit dem "kleinen Reförmchen" nicht angegangen würden. So fehle es an mehr Unterstützung von Familien mit geringem oder gar keinem Einkommen. Der Mindestbeitrag von 300 Euro pro Monat sei seit der Einführung des Elterngeldes im Jahr 2007 nicht erhöht worden und werde überdies weiterhin auf Hartz IV angerechnet.
Die Grünen-Abgeordnete Ulle Schauws sagte, das Gesetz sei mutlos und werde den tatsächlichen Bedürfnissen von Eltern nicht gerecht. Der "Frühchenmonat" sei als "Minimalverbesserung" zu wenig. Nötig sei eine "Kinderzeit Plus" von 24 Monaten, bei der jedes Elternteil mindestens 8 Monate Unterstützung erhalte und weitere 8 Monate frei aufgeteilt werden könnten. Familien brauchten eine moderne Zeitpolitik.
Aus Sicht von Johannes Huber (AfD) greift insbesondere der sogenannte Partnerschaftsbonus für Eltern, die beide in Teilzeit arbeiten, in die elterliche Freiheit ein. Huber forderte eine Verlängerung des Elterngeldes unabhängig von der Aufteilung der Eltern, einen weiteren Frühchenmonat und eine Erhöhung der Leistung. Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) verteidigte die geplante Reform hingegen. Sie bringe weitere Partnerschaftlichkeit und Flexibilität und entlaste Eltern von zu früh geborenen Kindern. Auch würden Eltern von Entbürokratisierung profitieren. Eltern sollten sich um die Familie kümmern und gleichzeitig im Beruf erfolgreich sein können, erklärte Giffey.
Die Konferenz der Arbeits- und Sozialminister der Bundesländer (ASMK) hat die Bundesregierung aufgefordert, gemeinsam mit den Bundesländern eine Kindergrundsicherung zu erarbeiten. Um Kinderarmut zu bekämpfen, brauche es eine "Kindergrundsicherung ohne kompliziertes Antragsverfahren, die den Mindestbedarf jedes Kindes deckt und sich daran orientiert, was Kinder und Jugendliche zu einem guten Aufwachsen tatsächlich brauchen", sagte der baden-württembergische Sozialminister Manne Lucha (Grüne) nach der ASMK-Jahrestagung am Donnerstag in Mannheim. Die materielle Sicherheit und damit die Bildungs- und Teilhabechancen von Kindern dürften nicht von der Situation der Eltern abhängen.
Die Konferenz sprach sich mit 15 Ja-Stimmen und 1 Enthaltung für die Einführung der Grundsicherung aus. Nun sei der Bund am Zug, die konkrete Umsetzung einzuleiten, so die Fachminister.
Die geforderte Kindergrundsicherung soll die finanzielle Absicherung von Kindern und Jugendlichen grundlegend reformieren. Dabei liegen im Detail unterschiedliche Konzepte vor. Im Grundsatz geht es darum, bisherige Leistungen wie Kindergeld, Zuschläge, Steuerfreibeträge, Hartz-IV-Leistungen für Kinder und Beträge für Bildung und Teilhabe als Kindergrundsicherung zu bündeln.
Im Bundestag hatten zuletzt Grüne und Linke entsprechende Konzepte vorgelegt. Linken-Parteivorsitzende Katja Kipping begrüßte den Beschluss der Landesminister. Auch Sozialverbände sprechen sich seit langem für eine Grundsicherung aus.
Die Hamburger Sozialsenatorin Melanie Leonhard bezeichnete den Beschluss der ASMK als wichtiges politisches Signal an die Bundesregierung. Es gelte, mehr für die Chancengleichheit aller Kinder zu tun. Nicht zuletzt die Corona-Krise habe die Benachteiligung von Kindern aus armen Familien besonders deutlich gemacht. Weiter verständigten sich die Arbeits- und Sozialminister unter anderem darauf, die Weiterentwicklung der Pflegeversicherung zu unterstützen, um finanzielle Überforderungen der Betroffenen zu verhindern. Zudem sollten die "Potenziale der Digitalisierung" in der Pflege besser genutzt werden. (Familienbund der Katholiken/KNA)