Die Belastungen durch die Corona-Krise steigen: Zu diesem Ergebnis kommt eine Forsa-Umfrage im Auftrag des Bundesarbeitsministeriums und des Forschungsinstituts IZA, die der "Welt am Sonntag" vorliegt. Demzufolge fühlen sich fast 70 Prozent der Befragten emotional belastet, weil sie sich um die Gesundheit von Angehörigen sorgen. 55 Prozent erklärten, sie litten unter der Unsicherheit, wie es in den kommenden Monaten weitergeht.
Auch die Einschränkungen des Handlungsspielraums, der Verlust sozialer Kontakte und Sorgen um die eigene Gesundheit belasten einen großen Teil der Bevölkerung, hieß es. 15 Prozent nannten finanzielle Schwierigkeiten als Bürde. Die fehlende Trennung von Arbeit und Privatleben im Homeoffice bezeichnete etwa jeder Zehnte als Belastung. Das Meinungsforschungsinstitut befragte den Angaben zufolge 1.000 Erwachsene, bevor der "Lockdown light" in Kraft war.
Eine Auswertung der AOK unter 26,5 Millionen Versicherten für die Zeitung zeigt zudem, dass die Rolle psychischer Leiden wächst. So waren sie in den ersten neun Monaten dieses Jahres für 16,4 Prozent der Krankheitstage verantwortlich. Im Vorjahr waren es noch 15,8 Prozent. Auch andere Krankenkassen verzeichnen Zuwächse des Anteils der Depressionen und Angstzustände bei insgesamt fallenden Krankheitsständen während der Corona-Krise, hieß es. Nach Einschätzung von Versicherungsvertretern könnte Corona mittelfristig dazu beitragen, dass mehr Menschen wegen psychischer Probleme berufsunfähig werden.
Experten zeigten sich besorgt. Nach früheren Erfahrungen mit sozialer Isolation und Quarantäne sei zu befürchten, dass psychische Erkrankungen zunehmen könnten, sagte der Direkotr der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie an der Berliner Charite, Andreas Heinz, der Zeitung. Die derzeitige zweite Welle könne die Situation noch verschärfen, ergänzte der Präsident des Vorstandes der Bundespsychotherapeutenkammer, Ernst Dietrich Munz.
Die Versicherungen verzeichneten unterdessen keinen Anstieg bei Anträgen für ambulante Psychotherapien. Mehr als die Hälfte der Umfrageteilnehmer erklärte dementsprechend, sich in emotional belastenden Situationen selten oder nie Hilfe zu holen. Diejenigen, die Rat suchen, wenden sich demnach nur zu 30 Prozent an Ärzte oder Psychologen, 8 Prozent an Beratungsstellen. Fachleute hatten in den vergangenen Monaten zudem vor einem Vermeidungseffekt gewarnt, wenn Menschen im Krankheitsfall wegen Angst vor einer Corona-Infektion nicht zum Arzt gehen.
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) kündigte Gegenmaßnahmen an. Gemeinsam mit den Familien- und Gesundheitsministerien und Akteuren aus dem Präventionsbereich hat er die "Offensive Psychische Gesundheit" initiiert. Diese soll auf das Problem aufmerksam machen und Menschen ermutigen, mit anderen über psychische Belastungen zu sprechen. "Das war für uns schon vor Corona ein wichtiges Anliegen. Aber die Pandemie hat das Thema nochmal stärker in den Fokus gerückt, vor allem jetzt im neuen Lockdown", sagte Heil der Zeitung.
Der Bund sollte sich laut Bundesrat bei einer Flexibilisierung von Bundeselterngeld- und Elternzeit an Kosten der zu Lasten der Länder und Kommunen neu geschaffenen Aufgaben beteiligen. Die Länderkammer verabschiedete am Freitag in Berlin eine entsprechende Empfehlung an den Bund. Darin bitte er auch, im weiteren Gesetzgebungsverfahren die angestrebte Verwaltungsvereinfachung zu prüfen. Einige Regelungen erschienen zu komplex. Mit dem Gesetz will die Bundesregierung Eltern zusätzliche und flexiblere Angebote zur Nutzung des Elterngeldes zur Verfügung stellen. So soll die während des Elterngeldbezugs zulässige Arbeitszeit von 30 auf 32 Stunden pro Woche erhöht werden. Der Partnerschaftsbonus soll flexibilisiert werden, um eine partnerschaftliche Verteilung von Familien- und Arbeitszeiten zu fördern. Eltern, deren Kind mindestens sechs Wochen zu früh geboren wurde, sollen einen weiteren Basiselterngeldmonat oder zwei weitere Elterngeld-Plus-Monate erhalten.
Korrekturen will die Länderkammer besonders bei den Regelungen zu Frühgeburten erreichen. Zwar begrüßt sie die Absicht, betroffenen Eltern einen längeren Leistungsbezug zu ermöglichen. Die Gewährung eines zusätzlichen Elterngeldmonates greife jedoch tief in die Systematik des Elterngeldes ein und mache das Gesetz unübersichtlich. Nach dem Willen der Länder soll daher stattdessen bei sechs Wochen vor dem errechneten Termin geborenen Kindern nicht auf den Zeitpunkt der Geburt abgestellt werden, sondern auf den Tag der Entlassung aus dem Krankenhaus. Da in diesen Fällen länger Mutterschaftsgeld bezahlt wird und der später beginnende Elterngeldbezug dann länger fortgesetzt werden kann, könnten betroffene Eltern auf diese Weise mehr Leistungen erhalten. (Familienbund der Katholiken/KNA)