18.03.2025
Gemeinsamer Appell für notwendige Reformen: Zeitgemäßes Familienrecht in den Koalitionsvertrag!
Berlin, 18. März 2025. Die Koalitionsverhandlungen zwischen SPD und CDU/CSU haben begonnen. Die letzte Bundesregierung hat viel versprochen und intensiv über eine Reform des Familienrechts diskutiert, konnte diese jedoch nicht mehr umsetzen. Wir – 21 Verbände aus der Zivilgesellschaft – haben den bisherigen Prozess aktiv begleitet und blicken ambivalent auf sein vorzeitiges Ende: Neben einigen kritischen Aspekten gab es viele positive Ansätze.
Jetzt ist es entscheidend, wichtige Reformen weiter voranzubringen. Wir fordern mit Nachdruck, dass die bereits vielfach anerkannten Reformbedarfe nicht noch einmal vertagt werden. Unser Appell an die Verhandelnden: Nehmen Sie die folgenden zentralen, verbändeübergreifenden Konsenspunkte in den Koalitionsvertrag auf! Diese konzentrieren sich insbesondere auf überfällige Reformen im Familien- und Familienverfahrensrecht, die den Gewaltschutz und das Unterhaltsrecht im Fokus haben.
Nehmen Sie in den Koalitionsvertrag auf, dass...
… der Gewaltschutz gesetzlich im Sorge- und Umgangsrecht verankert wird
„Im Falle von Gewalt gegenüber dem Kind und bei Partnerschaftsgewalt darf ein gemeinsames Sorgerecht regelmäßig nicht in Betracht kommen. Im Falle von häuslicher Gewalt und Partnerschaftsgewalt muss vermutet werden, dass der Umgang mit dem gewaltausübenden Elternteil in der Regel nicht dem Kindeswohl dient. Von gewaltbetroffenen Elternteilen kann nicht verlangt werden, ihre Schutzinteressen zu gefährden, um die Wohlverhaltenspflicht zu erfüllen“, so die Verbände.
… der Schutz von gewaltbetroffenen Personen im familiengerichtlichen Verfahren verbessert wird
„Besondere Vorschriften bei Anhaltspunkten für Partnerschaftsgewalt müssen im Familienverfahrensrecht verankert werden, damit kein Hinwirken auf Einvernehmen, keine gemeinsamen Gespräche und getrennte Anhörungen in Gewaltfällen selbstverständlich werden. Zur Umsetzung der Istanbul-Konvention braucht die Praxis im Gesetz konkrete Hinweise auf das gebotene Vorgehen. Gute Ansätze aus dem Referentenentwurf der letzten Legislaturperiode sollten hier aufgegriffen und ausgebaut werden“, stellen die Verbände heraus.
… die Gleichwertigkeit aller Betreuungsmodelle sowohl im Familienrecht des BGB als auch bei der Regelung der Beratung in Fragen der Partnerschaft, Trennung und Scheidung im SGB VIII deutlich wird und die Beratungslandschaft gestärkt wird
„Wir setzen uns für eine ergebnisoffene Beratung ein, die Eltern auch bei rechtlichen und finanziellen Fragen von Sorge- und Betreuungsvereinbarungen weiterhelfen kann. Es ist unerlässlich, dafür die Ressourcen der Beratungslandschaft zu stärken und für entsprechende Qualifizierungen zu sorgen, deren Neutralität gesichert sein muss. Das Wechselmodell als Leitbild einzuführen, lehnen wir entschieden ab. Das darf auch nicht durch die Hintertür des Unterhaltsrechts oder sonstiger Regelungen geschehen“, führen die Verbände aus.
… Unterhaltsregeln für alle Betreuungsmodelle gesetzlich verankert werden
„Die unterhaltsrechtlichen Folgen für alle Betreuungsmodelle sollen als Stufenmodell ausgestaltet und im Gesetz festgeschrieben werden“, sind sich die Verbände einig.
… hierbei das Unterhaltsrecht so reformiert wird
dass die Schwelle für den Beginn eines asymmetrischen Wechselmodells neben dem zeitlichen Kriterium die Verantwortungsübernahme berücksichtigt und eine aus-reichende Entlastung im Alltag abbildet. Diesen Anforderungen wurde die in der letzten Legislaturperiode diskutierte Schwelle von 29 Prozent Mitbetreuung inklusive der Ferien bei Weitem nicht gerecht
dass das Existenzminimum des Kindes in beiden Haushalten in keinem Fall un-terschritten wird
dass wechselbedingte Mehrkosten berücksichtigt werden
dass Übergangsfristen eingeführt werden, wenn durch den Wechsel in ein anderes Betreuungsmodell neue Erwerbsobliegenheiten entstehen.
„Alleinerziehende, die bereits jetzt besonders häufig von Armut bedroht oder betroffen sind, dürfen durch eine Reform des Unterhaltsrechts in keinem der unterschiedlichen Betreuungsmodelle finanziell noch weiter unter Druck geraten“, heben die Verbände hervor. „Bestehende Lebensrealitäten müssen im Blick bleiben. Die Förderung einer fairen Verteilung von Sorge- und Erwerbsarbeit muss bereits vor Trennung und Scheidung erfolgen. Dafür machen wir uns weiterhin stark.“
… die Stimme der Kinder und das Kindeswohl im Mittelpunkt steht
„Oberster Maßstab für Reformen im Kindschafts- und Unterhaltsrecht muss das Kindeswohl sein. Im Zweifel müssen die Interessen der Erwachsenen dahinter zurücktreten“, betonen die Verbände.
Die unterzeichnenden Verbände stehen auch in der neuen Legislaturperiode für fachlichen Austausch zur Verfügung, um die Reform im Sinne der Familien weiter voranzubringen.
Arbeitsgemeinschaft Interessenvertretung Alleinerziehender (AGIA)
Alltagsheld:innen
AWO Bundesverband e. V.
Der Kinderschutzbund Bundesverband e.V.
Deutscher Frauenrat e.V.
Deutscher Juristinnenbund e. V. (djb)
Deutsches Kinderhilfswerk e.V.
Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband – Gesamtverband e.V. (Der Paritätische)
Evangelische Konferenz für Familien- und Lebensberatung e.V. Fachverband für Psychologische Beratung und Supervision (EKFuL)
evangelische arbeitsgemeinschaft familie e. V.
Evangelisches Zentralinstitut für Familienberatung gGmbH
Fair für Kinder e.V.
Familienbund der Katholiken (FDK), Bundesverband
Frauenhauskoordinierung e. V.
SHIA e.V.
SOLOMÜTTER gUG (haftungsbeschränkt)
Sozialdienst katholischer Frauen Gesamtverein e.V.
Verband alleinerziehender Mütter und Väter, Bundesverband e. V.
Verband binationaler Familien und Partnerschaften, iaf e.V.
Wellcome gGmbH
Zukunftsforum Familie e. V.
Pressestelle
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