10.03.2023
Handlungstext Segensfeiern für Paare, die sich lieben
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Einleitung
(1) Die Kirche möchte die Botschaft der von Gott geschenkten Würde einer jeden Person in Wort und Tat verkünden. Diese Botschaft leitet sie in ihrem Umgang mit Menschen und deren Partnerschaft. Deshalb bringt sie Paaren, die in Liebe verbunden sind, sich gegenseitig in vollem Respekt und in Würde begegnen und ihre Sexualität in Achtsamkeit für sich selbst, füreinander und in sozialer Verantwortung auf Dauer zu leben bereit sind, Anerkennung entgegen und bietet ihnen Begleitung an.
(2) Es gibt Paare, die für ihre Partnerschaft um den Segen bitten. Dieser Bitte liegt der Dank für erfahrene Liebe und die Hoffnung auf eine von Gott begleitete Zukunft zugrunde.
Antrag
(3) Die Synodalversammlung empfiehlt der Deutschen Bischofskonferenz und dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken, die Thematik von Segensfeiern gemeinsam mit Mitgliedern des Forums IV und betroffenen Personen unter Berücksichtigung der Überlegungen der flämischen Bischöfe und der Beschlüsse der anglikanischen Synode zu besprechen und zeitnah angemessene liturgische Feiern zu entwickeln und einzuführen.
(4) Die offizielle Einführung solcher Segensfeiern soll dabei auch dazu beitragen, dass sich alle Paare, die sich lieben, in den Gemeinden willkommen wissen.
(5) Die Deutsche Bischofskonferenz und das ZdK erarbeiten gemeinsam mit Mitgliedern des Forum IV und betroffenen Personen eine Handreichung für Segensfeiern, bei der auf Vorarbeiten verschiedener Diözesen, der Arbeitsgemeinschaft für katholische Familienbildung (AKF) u. a. sowie auf entsprechende Erfahrungen aus der Praxis zurückgegriffen werden kann.
(6) Diese Handreichung umfasst Formularvorschläge für Segensfeiern für verschiedene Paarsituationen (Wiederverheiratete, gleichgeschlechtliche Paare, Paare nach ziviler Eheschließung), außerdem eine pastoral-theologische Einführung und pastoralpraktische Hinweise.
(7) Solchen Feiern können sowohl geweihte Amtsträger als auch Personen mit einer bischöflichen Gottesdienstbeauftragung vorstehen. Fortbildungen für die Gestaltung von Segensfeiern werden vorgeschlagen.
(8) Für alle an einer solchen Segensfeier interessierten Paare sind zur Vorbereitung Gespräche mit Seelsorgenden und gegebenenfalls Seminare vorgesehen. Hier kann die gemeinsame Lebenssituation in den Blick genommen werden. Dazu gehört auch die Frage, ob Verpflichtungen gegenüber Partnern und Kindern aus einer früheren Beziehung bestehen.
(9) Eine Verpflichtung zur Leitung solcher Feiern wird niemandem auferlegt; umgekehrt muss kein/e Seelsorger/in, der einer solchen Feier vorsteht, mit disziplinarischen Konsequenzen rechnen. Ggf. kann auf Kolleg*innen oder diözesane Ansprechpartner*innen verwiesen werden.
(10) In der Zeit nach der Einführung sollen Erfahrungen mit dieser Praxis gesammelt werden. Die Segensfeiern werden ab März 2026 evaluiert.
Begründung
(11) Für die weiteren Überlegungen sollten die folgenden Ausführungen, die das Forum IV mehrheitlich angenommen hat, einbezogen und gewichtet werden:
(12) Menschen entscheiden sich, der Verbindlichkeit in ihrer Beziehung auf unterschiedliche Weise Ausdruck zu verleihen.
(13) Es ist in der pastoralen Praxis eine breite Erfahrung geworden, dass gleichgeschlechtlich liebende Paare die Bitte um den Segen für ihre Partnerschaft äußern. Ebenso tun dies zivil wiederverheiratete Paare, die in einer neuen Partnerschaft einen neuen Anfang wagen. Es tun dies auch Paare, die sich für das Sakrament der Ehe noch nicht disponiert sehen. Oft werden sie damit den Belangen einer Partnerschaft gerecht, in denen nur ein Partner/eine Partnerin gläubig ist oder der katholischen Kirche nahesteht. Es gibt zunehmend auch die Erfahrung, dass ungetaufte Paare nach dem Segen fragen.
(14) Ein Segen für all diese Partnerschaften ist offiziell nicht vorgesehen. Die erläuternde Note der Glaubenskongregation hat dies mit Blick auf homosexuelle Paare bekräftigt. Der Rücklauf der Befragungen im Rahmen der Weltsynode hat jedoch gezeigt, dass die diesem Dokument grundgelegte Sicht auf Homosexualität vielerorts als nicht ausreichend angesehen wird. So hat inzwischen sogar eine Bischofskonferenz (Flandern) eine Liturgie zur Segnung gleichgeschlechtlicher Paare veröffentlicht. Es braucht also eine theologische Weiterentwicklung. Denn auf praktischer Ebene wird der Bitte nach Segen bereits in vielen Orten nachgekommen. Die Entscheidung, diesen Segen zu schenken, treffen die Seelsorgenden daher nach ihrem Gewissen und aus ihrer pastoralen Verantwortung heraus, aber in vielen Fällen im Konflikt zu lehramtlichen Vorgaben. Die Synodalversammlung hat entsprechend diesen Vorschlag beschlossen, der zur Klärung der Situation beitragen will und in den weltweiten synodalen Prozess einfließen kann.
(15) Die Weigerung, die Beziehung zweier Menschen zu segnen, die ihre Partnerschaft in Liebe, Verbindlichkeit und Verantwortung zueinander und zu Gott leben wollen, erweist sich in einer Gesellschaft, die Menschenwürde und freie Selbstbestimmung als Maxime moralischer Normierung errungen hat, als unbarmherzig oder gar diskriminierend. Eine solche Weigerung lässt auch gnadentheologisch Fragen offen. Das belastet nicht nur die Verkündigung der Menschenfreundlichkeit Gottes und das Doppelgebot der Nächsten- und Gottesliebe, sondern stellt die Glaubwürdigkeit kirchlichen Handelns in unserem Kulturkreis vor gravierende Fragen. Dabei kann auf die Relatio finalis der Synodenversammlung von 2015 und auf das Nachsynodale Apostolische Schreiben Amoris laetitia (19. März 2016) verwiesen werden. Es ist für Papst Franziskus „nicht mehr möglich zu behaupten, dass alle, die in irgendeiner sogenannten ‚irregulären‘ Situation leben, sich in einem Zustand der Todsünde befinden und die heiligmachende Gnade verloren haben“ (AL 301).
(16) Die Segnung von Paaren, die sich lieben, geht nicht auf Kosten der Wertschätzung der klassischen sakramentalen Ehe.
(17) Wo Menschen in Liebe zueinanderstehen, ist Gott anwesend. Das bezeugen christliche Eheleute in besonderer Weise. Durch den Bund, den Gott mit ihnen im Sakrament schließt, wissen sie sich von seiner unverbrüchlichen Liebe getragen. Zugrunde liegt ein inklusives Verständnis des Ehesakraments, das nicht als höchster und bester Maßstab für die Bewertung oder gar Abwertung anderer Formen des Liebens dient, sondern als Verdeutlichung und Verdichtung einer möglichen Gemeinschaft und Nähe Gottes. Auf diese Weise birgt die Auseinandersetzung mit Segensfeiern die Chance, die sakramentale Eheschließung stärker zu profilieren als eine bewusste Entscheidung der Eheleute, in ihrer Ehe die Liebe Gottes zu seiner Kirche sichtbar zu machen und zu verkündigen.
(18) Mit einer Segensfeier verbindet sich für einige die Sorge, die Kirche könnte damit eine sündhafte Situation gutheißen. Diese Sorge ist weiter abzubauen, auch auf dem Hintergrund der Linie, die Papst Franziskus mit Amoris laetitia eröffnet. Die Feier muss sich von einer Trauung unterscheiden. Liturgische Möglichkeiten zur Vermeidung einer Analogie zur Eheschließung sind ausdrücklich zu formulieren. Der Segen will bestärken, was in der Paarbeziehung an Liebe, Verbindlichkeit und gegenseitiger Verantwortung bereits besteht. Für die Zukunft wird Gottes Beistand erbeten und zugesagt.
(19) Erweiterungen im Bereich von Segenshandlungen werden von den Ausführungen der Praxishilfe der Liturgiekommission der Deutschen Bischofskonferenz zu liturgienahen Feiern „Christus in der Welt verkünden“ gestützt und aus dem Benediktionale abgeleitet. Im Benediktionale wird mit der Einführung Nr. 36 die Möglichkeit zur Anpassung eröffnet, sowie mit der Benediktion 99 eine Vorlage zur Verfügung gestellt, die auf unterschiedlichste Situationen hin adaptiert werden kann.
(20) Den Angeboten von Segensfeiern liegt die Überzeugung zugrunde, dass im gemeinsamen Leben von Paaren, die in Verbindlichkeit und Verantwortung füreinander zusammenleben, sittlich Gutes da ist. Das Gute ist, wo Glauben ins Spiel kommt, segenswürdig. Die Kirche wird durch die Liebe dieser Paare beschenkt. Eine solche gegenseitige Liebe ruft nach Segen. Gott ist dort, wo sich Menschen lieben, gegenwärtig.
(21) Das Angebot einer Segensfeier begründet sich in einem urmenschlichen Bedürfnis: „Der Mensch ist segensbedürftig. Er verlangt nach Heil, Schutz, Glück und Erfüllung seines Lebens. Darum sprechen sich Menschen gegenseitig Segen zu. Vor allem erhoffen und erbitten sie Segen von Gott.“ (Benediktionale Nr. 1) Schon diese Bitte um und die Hoffnung auf Segen ist von großer Relevanz. Hier zeigt sich eine Gottessehnsucht, die es ernst zu nehmen gilt. Ein Segenswunsch bringt zum Ausdruck, dass Menschen ihre Beziehung im Horizont Gottes gestalten und sich dabei an der Frohen Botschaft orientieren möchten. Gestärkt durch den Segen machen diese Paare ihren christlichen Glauben und ihre Gottesbeziehung in ihrer Partnerschaft, in ihren Familien, Freundeskreisen und Gemeinden fruchtbar und säen die Samen für weiteren Segen in und für unsere Kirche. Um dem Auftrag der Kirche gerecht zu werden, die Zusage Gottes in der jeweils gegenwärtigen Welt zu verkünden, müssen zu jeder Zeit neue liturgische Formen gefunden werden. Die Liturgiekonstitution Sacrosanctum Concilium ermuntert ausdrücklich dazu, dass auch regional begrenzt liturgische Formen entwickelt werden (vgl. SC 22 § 2 und 63).
(22) Die dargestellten Segensfeiern werden von vielen als Beispiel für eine solche Inkulturation angesehen. Die Beurteilung der Vielfalt von dauerhaften Beziehungen und der darin wahrgenommenen gegenseitigen Verantwortung hat sich in Deutschland verändert. Partnerschaften, die verbindlich und liebevoll gestaltet werden, wird mit hoher gesellschaftlicher Akzeptanz begegnet – unabhängig von einer früheren Verbindung oder vom Geschlecht der beiden Partner/innen. Diese Wertschätzung sollte auch in der Liturgie der Kirche einen überzeugenden Ausdruck finden. So wird die Kirche ihrem Anspruch gerecht, „aus Brauchtum und Tradition ihrer Völker, aus Weisheit und Wissen, aus Kunst und Fertigkeit [alles zu entlehnen], was beitragen kann, die Ehre des Schöpfers zu preisen, die Gnade des Erlösers zu verherrlichen, das Christenleben recht zu gestalten“ (AG 22). Dadurch kommt zugleich zum Ausdruck, wovon die Kirche zutiefst überzeugt ist: „Die Erfahrung der geschichtlichen Vergangenheit, der Fortschritt der Wissenschaften, die Reichtümer, die in den verschiedenen Formen der menschlichen Kultur liegen, durch die die Menschennatur immer klarer zur Erscheinung kommt und neue Wege zur Wahrheit aufgetan werden, gereichen auch der Kirche zum Vorteil.“ (GS 44).
(23) Häufig haben gleichgeschlechtliche Paare und wiederverheiratete Paare in unserer Kirche Ausgrenzung und Abwertung erfahren. Die Möglichkeit, ihre Partnerschaft öffentlich unter den Segen Gottes zu stellen, macht diese Erfahrungen nicht wett. Sie bietet der Kirche aber die Chance, der in diesen Beziehungen vorhandenen Liebe und den gelebten Werten nunmehr Wertschätzung entgegenzubringen und so Versöhnung zu ermöglichen.
(24) Der Segen ist für viele Paare und ihre Kinder ein Zeichen, in dieser Kirche angenommen zu sein, und er ist für die Gemeinden eine Ermutigung, sie willkommen zu heißen.
Den Handlungstext können Sie hier als PDF herunterladen.
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