Der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, fordert deutlich mehr Anstrengungen, um bestehende große Lücken im Schutz von Kindern vor Missbrauch etwa in Schulen oder Vereinen zu schließen. "Kitas, Schulen, Sportvereine und die Einrichtungen des religiösen Lebens brauchen dringend mehr Unterstützung für ihr Engagement gegen sexuelle Gewalt", sagte Rörig am Mittwoch in Berlin bei der Vorstellung eines Berichts des Deutschen Jugendinstituts zum Thema. Nötig sind aus Sicht des Beauftragten mehr Verbindlichkeit durch Gesetze oder Vorgaben der jeweiligen Träger. Auch brauchten die Einrichtungen mehr personelle und finanzielle Ressourcen. Schutz und Hilfe dürften weder dem Zufall noch dem Engagement Einzelner überlassen werden. "Der Bericht zeigt, dass Freiwilligkeit alleine nicht zum Ziel führt im Kampf um das Kindeswohl", mahnte Rörig. Die Prävention von sexueller Gewalt sollte zur Bedingung von öffentlicher Förderung werden. Dem Bericht zufolge gibt jeweils nur eine Minderheit der befragten Einrichtungen an, nach eigener Einschätzung ein umfassendes Schutzkonzept zu haben. Unter den Heimen sind es etwa nur 33 Prozent, bei Kitas 22 und unter den Schulen nur 13 Prozent. Zu einem solchen Konzept gehören unter anderem Fortbildungen, Informationsabende für Eltern, Beschwerdemöglichkeiten und ein Handlungsplan für Verdachtsfälle. Die Daten wurden von 2015 bis 2018 unter rund 5.000 Einrichtungen erhoben. Ein Vergleich mit einer ersten Untersuchung im Jahr 2013 zeige zwar Fortschritte, sagte Rörig. Insbesondere im Bereich der Schulen bleibe aber nach wie vor viel zu tun. Schulen sollten verpflichtet werden, Schutzkonzepte gegen sexuelle Gewalt einzuführen, forderte der Beauftragte. Rein statistisch seien in jeder Schulklasse ein bis zwei Schüler in verschiedenen Kontexten von sexueller Gewalt betroffen, warnte er. "Nichtstun, Verdrängen und Wegschauen" schade enorm und helfe letztlich immer nur den Tätern. Schulen dürften mit der Entwicklung von Schutzkonzepten nicht allein gelassen werden. Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) sagte, man sei im Kampf gegen sexuelle Gewalt gegen Kinder und Jugendliche bereits ein gutes Stück vorangekommen. Von flächendeckenden Schutzkonzepten sei man aber noch weit entfernt. Gemeinsam mit Rörig werde sie daher im Herbst einen Nationalen Rat gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen einberufen. Der Missbrauchsbeauftragte der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Stephan Ackermann, erklärte, Hinweise aus dem Bericht würden bei der Überarbeitung der Leitlinien sowie der Rahmenordnung zur Prävention von sexuellem Missbrauch an Minderjährigen berücksichtigt. Schon heute könnten Pfarreien beispielsweise auf diözesane Präventionsfachkräfte zurückgreifen, wenn sie Schutzkonzepte etablieren wollten. Der Bericht zeige aber auch, dass die Anstrengungen weiter verstärkt werden müssten. Rörig zufolge wird sexualisierte Gewalt in Deutschland in mehr als der Hälfte der Fälle in der Familie oder im sozialen Umfeld ausgeübt. Etwa 10 bis 15 Prozent entfalle auf Institutionen, dazwischen liege die Gewalt unter Gleichaltrigen.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) kommt mit seinen Plänen, 13.000 zusätzliche Altenpflegestellen zu finanzieren, nur langsam voran. Das geht aus der Antwort des Gesundheitsministeriums auf eine Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion hervor, die dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (Mittwoch) vorliegt. Demnach haben Einrichtungsträger bis Mitte Juli bundesweit etwa 2.800 Anträge auf Förderung von zusätzlichem Pflegepersonal in der stationären Altenpflege gestellt, "wovon zu diesem Zeitpunkt über 300 Anträge bewilligt waren". Seit Jahresbeginn sei ein "Förderbetrag von über 7 Millionen Euro" ausgeschüttet worden. Mit dem Pflegepersonalstärkungsgesetz, das Anfang 2019 in Kraft getreten war, sollen 13.000 zusätzliche Altenpflegestellen finanziert werden. Laut Gesundheitsministerium sind Anträge der Einrichtungen "oft zunächst unvollständig eingereicht worden". Dies habe bei der Bearbeitung durch die Pflegekassen zu Mehraufwand und zeitlichen Verzögerungen geführt. Die bisher erreichte Zahl der Antragstellungen sei "vor dem Hintergrund der Arbeitsmarktsituation in der Pflege zu sehen", so das Ministerium weiter. Laut Bundesagentur für Arbeit herrscht in der Altenpflege in Deutschland flächendeckend Fachkräftemangel. Zuletzt war die Zahl der gemeldeten offenen Stellen in Pflegeheimen gestiegen - auf rund 9.400 im Juli. FDP-Pflegeexpertin Nicole Westig kritisierte ein Übermaß an Bürokratie beim Pflegestellen-Programm der Regierung. "Die Antragstellung für die geförderten Stellen ist hochkomplex und bürokratisch. Meistens müssen die Pflegeeinrichtungen zunächst in Vorkasse gehen", sagte die Bundestagsabgeordnete den Zeitungen. "Das Spahn'sche Pflegepersonalstärkungsgesetz ist ein wirkungsloser Papiertiger." Es brauche attraktivere Arbeits- und Ausbildungsbedingungen in der Pflege. Die Deutsche Stiftung Patientenschutz erklärte, es sei "desaströs", dass das Sofortprogramm Pflege bis heute gerade einmal 300 zusätzliche Stellen gebracht habe. Von den geplanten 640 Millionen Euro seien bisher nur sieben Millionen ausgezahlt worden. "Zusätzliches Geld schafft also keine zusätzlichen Pflegekräfte", erklärte Vorstand Eugen Brysch. Der Mangel an ausgebildeten Pflegefachkräften sei das Hauptproblem. "So können die meisten Heime nicht einmal die Mindestquote von 50 Prozent bei den Fachkräften erfüllen. Aber das ist Voraussetzung, um zusätzliches Personal beantragen zu können." An dieser Quote dürfe auch nicht gerüttelt werden. Ein Mehr an Pflegekräften ist nach den Worten von Brysch "ohne anständige Löhne" nicht möglich. "Es gilt daher, das Gesetz für bessere Löhne in der Pflege jetzt zu verabschieden." (Familienbund der Katholiken/Sascha Nicolai/KNA)