Der Pflegebeauftragte der Bundesregierung, Andreas Westerfellhaus, fordert mehr Mut und Kreativität für eine bessere Pflege in Deutschland. "Die Politik hat sich in dieser Legislaturperiode viel vorgenommen, um die Situation in der Pflege konkret zu verbessern. Aber auch in der Pflege wie im gesamten Gesundheitswesen muss sich die Erkenntnis durchsetzen, dass wir die Sicherstellung einer qualifizierten Versorgung über alle Sektoren hinweg nicht mit den Instrumenten der letzten 30 Jahre lösen können", sagte Westerfellhaus dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Montag). "Hier ist Kreativität, Mut und Innovation gefordert. Hier ist noch viel Luft nach oben." Der Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium äußerte sich mit Blick auf die Zwischenbilanz zu Reformbemühungen in der Pflege, die am heutigen Montag in Berlin präsentiert werden soll. "Ich begrüße daher die konkreten Ergebnisse, die nun die erste Arbeitsgruppe der Konzertierten Aktion Pflege zur Ausbildung fristgerecht geliefert hat", so der Pflegebeauftragte. "Die Ziele sind ambitioniert - was gut ist, denn Klein-Klein bringt uns in der Pflege nicht weiter." Westerfellhaus sagte, die geplante Ausbildungsoffensive in der Pflege sei "der richtige Impuls", den er vollumfänglich unterstütze werde. "Ich erwarte daher auch von allen anderen Arbeitsgruppen, wie denen zu den Arbeitsbedingungen oder der Digitalisierung, in gleicher Weise konkrete Ergebnisse", sagte er. "Unverbindliche Selbstverpflichtungen würden zu keiner Problemlösung führen." Der Sozialverband VdK begrüßte die Ausbildungsoffensive Pflege. "Wir brauchen dringend mehr Aktivitäten für eine bessere Personalausstattung, für bessere Arbeitsbedingungen und zur Steigerung der Attraktivität des Pflegeberufs in allen Bereichen der professionellen Pflege", erklärte Präsidentin Verena Bentele in Berlin. Wichtig sei, dass die Kosten nicht den Pflegebedürftigen und ihren Familien aufgebürdet würden. "Die finanziellen Belastungen Pflegebedürftiger müssen ein Ende haben. Das notwendige Geld, um den Altenpflegeberuf attraktiver zu machen, muss daher aus der Pflegeversicherung und aus Steuermitteln kommen", forderte Bentele. Die Eigenanteile in der Pflege dürften nicht weiter steigen. "Perspektivisch brauchen wir eine Pflegevollversicherung, in der die pflegebedingten Leistungen solidarisch getragen werden." Pflegenden Angehörigen müsse geholfen werden, Beruf und Pflege ihrer Verwandten so miteinander zu vereinbaren, dass ihre Belastungen und finanziellen Einbußen gering blieben, so Bentele. Vorschläge, die sich am Vorbild der Elternzeit und des Elterngelds orientierten, habe der VdK vorgelegt. "Mit der Pflegepersonenzeit und einem Pflegepersonengeld sollen pflegende Angehörige, Nachbarn oder Freunde einen Rechtsanspruch auf eine teilweise oder vollständige Befreiung von ihrer Arbeit bekommen." Analog zum Elterngeld sollen Pflegende eine Lohnersatzleistung in Form eines neuen Pflegepersonengelds in der Regel für die Dauer von zwölf Monaten erhalten.
Ein Bündnis hat sich am Samstag gegen den Kompromissvorschlag der Bundesregierung zur Neuregelung des Paragrafen 219a zum Werbeverbot für Abtreibungen gestellt. 5.000 bis 6.000 Menschen beteiligten sich an Aktionen in über 30 Städten, wie die Organisatoren in Berlin mitteilten. Nach den Worten der Pro-Familia-Bundesvorsitzenden Davina Höblich kriminalisiere der Paragraf Ärzte und Ärztinnen und behindere Frauen, Männer und Paare in der Wahrnehmung ihrer gesetzlichen Rechte auf Information und selbstbestimmte Entscheidungen rund um Familienplanung. Höblich forderte insbesondere die Abgeordneten von SPD, Grünen, Linke und FDP auf, "sich für diese sinnvolle Reform des Strafgesetzbuches weiterhin stark zu machen". Die Linken-Bundesvorsitzende Katja Kipping kritisierte laut den Veranstaltern in einer Rede den Vermittlungsvorschlag der Regierung: "Wir werden uns niemals mit Kompromissen abfinden, die das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung nicht vollständig herstellen." Grünen-Bundesvorsitzende Annalena Baerbock sprach sich demnach für die Streichung des Paragrafen aus. Die körperliche Selbstbestimmung sei ein Menschenrecht, dass es einzufordern gelte. Dagegen erinnerte der Moraltheologe Peter Schallenberg an die generelle Rechtswidrigkeit der Abtreibung in Deutschland und stellte sich gegen die geforderte Werbefreiheit. Der Paderborner Sozialethiker mahnte entschieden zur Besonnenheit in der hitzigen Diskussion, wie die Theologische Fakultät Paderborn am Samstag mitteilte. Abtreibung sei "grundsätzlich verboten und bleibe lediglich straffrei bis zum dritten Monat nach erfolgter Pflichtberatung", erklärte der Moraltheologe. Dabei solle diese Pflichtberatung "ausdrücklich nach dem Willen des Gesetzgebers dem Schutz des ungeborenen Menschen dienen und kann deshalb im eigentlichen Sinn schon nicht ergebnisoffen sein". Mit welcher "Kaltschnäuzigkeit" oft "das Selbstbestimmungsrecht von lebenden Menschen gegen das Lebensrecht von Ungeborenen ausgespielt wird", mache ihn manchmal sprachlos. Zwar könne der demokratische Rechtsstaat einen "Gebärdienst und das Recht auf liebevolle Schwangerschaft, Geburt und Kindheit nicht erzwingen", so der Professor; doch solle "für dieses vom Staat bloß hingenommene Unrecht dem Ungeborenen gegenüber, abgesehen von der immer im Rechtsstaat möglichen Informationsfreiheit, dann wenigstens nicht auch noch geworben werden". Die Debatte über das Werbeverbot für Abtreibungen wurde entfacht, als die Ärztin Kristina Hänel wegen des Verstoßes gegen den Paragrafen verurteilt wurde. Der aktuelle Kompromissvorschlag von Union und SPD sieht vor, dass die Bundesärztekammer und die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA) Schwangere in Konfliktsituationen mit Informationsmaterial versorgen. Ärzte und Krankenhäuser, die eine Abtreibung durchführen, müssen zuvor eingewilligt haben. Dieser Informationsauftrag soll gesetzlich verankert werden. Geplant ist zudem, für Ärzte, die Abtreibungen durchführen, mehr Rechtssicherheit zu schaffen. (Familienbund der Katholiken/Sascha Nicolai/KNA)