Über sechs Millionen Menschen in Deutschland könnten ab Oktober einen Mindestlohn von zwölf Euro pro Stunde verdienen. Am Donnerstag befasste sich der Bundestag erstmals mit dem Gesetzentwurf der Bundesregierung, der eine entsprechende Erhöhung ab 1. Oktober 2022 vorsieht. Nach Angaben des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) werden davon 6,2 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beziehungsweise 16,4 Prozent aller Beschäftigten in Deutschland profitieren, weil sie aktuell weniger als zwölf Euro verdienen.
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) betonte, die geplante Erhöhung bedeute auch "mehr Respekt für diejenigen, die Tag für Tag dafür sorgen, dass der Laden läuft, die Großes leisten und das oftmals für kleines Geld". Es gehe dabei etwa um Verkäuferinnen, die in einer Bäckerei arbeiten, um Helferinnen und Helfer in der Landwirtschaft oder um Friseurinnen und Friseure. Dem Minister zufolge werden von einem höheren Mindestlohn vor allem Frauen und vor allem Menschen in Ostdeutschland profitieren.
In Deutschland war 2015 erstmals eine gesetzliche Lohnuntergrenze in Kraft getreten. Heil kündigte am Donnerstag an, dass künftig weitere Anpassungen durch die Mindestlohnkommission vorgenommen werden müssen. Die nun vorgesehene Anhebung auf zwölf Euro als Lohnuntergrenze entspreche 60 Prozent des mittleren Einkommens in Deutschland. Nach den Plänen der Bundesregierung soll mit der neuen Mindestlohnerhöhung auch die Geringfügigkeitsgrenze auf zehn Stunden Wochenarbeitszeit und somit 520 Euro monatlich erhöht werden.
Die Linksfraktion kritisierte besonders diesen Punkt im Gesetzentwurf und brachte einen eigenen Antrag ein. Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Susanne Ferschl (Linke) warf der Ampelregierung einen "schmutzigen Deal" vor, weil damit sogenannte Minijobs ausgeweitet würden.
Minijobs stünden sinnbildlich für prekäre und nicht existenzsichernde Arbeit, hieß es im Antrag mehrerer Linken-Politiker. Stattdessen müsse jede abhängige Beschäftigung ab dem ersten Euro der vollen Sozialversicherungspflicht unterliegen und damit geringfügige Beschäftigung in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung überführt werden. Zudem wurde die verpflichtende Einführung eines verlässlichen, objektiven und zugänglichen Arbeitszeiterfassungssystems gefordert. Der Gesetzentwurf zur Mindestlohnerhöhung und der Änderungsantrag wurden zur weiteren Bearbeitung an den Ausschuss für Arbeit und Soziales überwiesen.