Schwangere Frauen in Notsituationen sollen sich künftig besser über Ärzte informieren können, die Abtreibungen durchführen. Eine entsprechende Reform beschloss der Bundestag nach einer sehr emotionalen Debatte am Donnerstagabend. Zugleich sollen praktizierende Ärzte mehr Rechtssicherheit erhalten. Der Bundesrat muss dem Gesetz nicht zustimmen. Nach monatelangem Streit hatte sich die Bundesregierung auf einen Kompromiss für eine Reform geeignet; diese sieht eine Ergänzung des Paragrafen 219a im Strafgesetzbuch vor. Der Paragraf selbst untersagt das Anbieten, Ankündigen oder Anpreisen von Abtreibungen aus finanziellem Vorteil heraus oder wenn dies in "grob anstößiger Weise" geschieht. Nach dem Kompromiss sollen Ärzte und Krankenhäuser etwa auf ihrer Internetseite darüber informieren dürfen, dass sie Abtreibungen gemäß den gesetzlichen Voraussetzungen vornehmen. Zudem soll die Bundesärztekammer eine ständig aktualisierte Liste der Ärzte und Krankenhäuser erstellen, die Abbrüche durchführen. Die Opposition kritisierte den Entwurf. Die ärztliche Information bleibe limitiert, erklärte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linken, Cornelia Möhring. Dies gebe es in keinem anderen Land Europas. In Richtung der SPD sagte sie: "Sie haben es versemmelt! Hören Sie endlich auf, den Kompromiss schönzureden." Die rechtspolitische Sprecherin der Grünen, Katja Keul, betonte, das Gesetz bringe auch keinerlei Rechtssicherheit für Ärzte. Die frauenpolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Nicole Bauer, nannte den Entwurf "zutiefst beschämend - sowohl aus juristischer als auch aus frauenpolitischer Sicht". Das Thema sei machtpolitisch missbraucht worden. Die AfD-Fraktionsvize Beatrix von Storch kritisierte dagegen, dass das Gesetz überhaupt geändert werde. Sie hielt den Abgeordneten der Union vor, dass diese "das Christliche jetzt wohl endgültig streichen" könne. Nach der Legalisierung der "Ehe für alle" betreibe sie eine "Kapitulation auf Raten". Von Storch bezeichnete den Gesetzentwurf als "weiteren Schritt auf dem Weg zur Abschaffung des Paragrafen 218". Mit Blick auf die Kirchen meinte sie, deren "Schweigen ist ohrenbetäubend". Die Regierungsfraktionen verteidigten den Entwurf. Unions-Fraktionsvize Nadine Schön (CDU) bezeichnete den Entwurf als gelungenen Kompromiss, der die unterschiedlichsten Positionen gut zusammenbinde. Der Union sei es wichtig, dass das Werbeverbot nicht gestrichen werde: "So machen wir deutlich, dass ein Schwangerschaftsabbruch keine medizinische Leistung ist wie andere." Der gesundheitspolitische Sprecher der SPD, Karl Lauterbach, räumte ein, dass der Entwurf zwar nicht das sei, "was sich die SPD gewünscht" habe. "Eine klare Abschaffung wäre aus meiner Sicht die sauberste Lösung gewesen", so Lauterbach. Der Kompromiss sei aber ein wichtiger Schritt.
Die Katholische Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) wirft der Alternative für Deutschland (AfD) geistigen Diebstahl vor. Die Rechtspopulisten hätten die Idee und den Namen des Rentenmodells des katholischen Sozialverbandes übernommen, kritisierte der Rottenburg-Stuttgarter KAB-Sprecher Peter Niedergesäss am Freitag. Der KAB-Bundesvorsitzende Andreas Luttmer-Bensmann sprach vom "unverschämten Versuch" einer "sozialpolitisch gesichtslosen Partei", mit fremden Federn auf Wählerfang zu gehen. Konkret wendet sich die KAB gegen die AfD-Landtagsabgeordneten Christina Baum und Emil Sänze, die vor dem Landesparteitag in Heidenheim an diesem Wochenende ein sogenanntes Cappuccino-Modell in einer Broschüre präsentiert hatten. In dem Papier heißt es "Gerechte Alterspension für alle - aus der AfD kommt die Lösung". Danach soll es eine bedingungslose Sockelpension geben, ergänzt durch eine Erwerbstätigenpension unter Berücksichtigung von Kindern und Ehrenamtsengagement sowie durch private Altersvorsorge. Name und Struktur des AfD-Rentenmodells orientieren sich offenbar an der im April 2017 vorgestellten gleichnamigen Idee der KAB. Allerdings wird der Name Cappuccino-Modell auch für das niederländische Rentensystem verwendet. Dieser Vorschlag sieht ebenfalls drei Säulen vor: eine Grundrente, eine betriebliche Altersversorgung mit sogenannten Branchenpensionsfonds und die private Altersvorsorge etwa über Lebensversicherungen. Die KAB erklärte dazu, sie habe sich bei ihrem Modell an der Praxis in den Niederlanden und der Schweiz orientiert. (Familienbund der Katholiken/Sascha Nicolai/KNA)