Die katholischen Familienverbände Deutschlands und Österreichs wenden sich anlässlich der Europawahl gegen eine "weitere Ökonomisierung der Lebenswelt". In einer gemeinsamen Mitteilung hieß es am Mittwoch: "Familien dürfen nicht zur Verfügungsmasse ökonomischer Interessen werden." Die Europäische Union müsse verstärkt dafür sorgen, den besonderen Schutz von Familien zu garantieren. Der Weg zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf solle weiterverfolgt werden. Die beiden Verbände riefen dazu auf, am Sonntag "in christlicher Verantwortung" für das Gemeinwohl zu stimmen. "Dem Gedanken der europäischen Einigung liegt ein zutiefst christliches und würdiges Menschenbild zugrunde", erklärte der Präsident des deutschen Familienbunds der Katholiken, Ulrich Hoffmann. "Das Friedensprojekt Europa zu unterstützen, muss unser aller Anspruch sein." Der europäische Gemeinschaftsgedanke sei ohne Familien nicht zu denken. Gemeinsam mit seinem österreichischen Amtskollegen Alfred Trendl mahnte Hoffmann zur Bewältigung wichtiger politischer Fragen, von denen auch die Zukunft von Familien abhänge. "Dazu gehört die Bewältigung des Klimawandels und die umfassende Bewahrung der Schöpfung ebenso wie die in unseren Tagen nicht eben leichter gewordene Friedenssicherung."
Angesichts von "großen Belastungsproben" in Europa wirbt der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg, für eine Besinnung auf christliche Werte. "Christliche Werte werden für die Zukunft Europas von entscheidender Bedeutung sein", sagte Sternberg den Zeitungen der Verlagsgruppe Bistumspresse. "Es war immer eine Stärke Europas, Dialoge zu führen, sich zu öffnen und Fremdes zu integrieren." Europäische Staaten seien immer dann besonders erfolgreich gewesen, "wenn sie eine solche Offenheit gezeigt haben". Sternberg betonte zugleich, dass eine christliche Prägung Europas nichts sei, "auf das man pochen und das man wie einen Besitz hüten und bewahren kann". Stattdessen müssten christliche Werte weiterentwickelt werden und die Menschen über christliches Verhalten nachdenken. Konkret bedeute das, dass sich Europa stärker in der Friedenspolitik engagieren und mehr Verantwortung dafür übernehmen müsse, dass sich die Wirtschaft in Ländern Afrikas gut entwickele. Europa müsse auch "gemeinschaftlich große weitere Anstrengungen im Klimaschutz zur Bewahrung der Schöpfung unternehmen", forderte Sternberg. Zudem müsse man sich immer wieder bewusst machen, dass die Flüchtlingsfrage eine humanitäre Angelegenheit sei: "Ich hoffe, dass es keinen Europäer jemals kaltlassen wird, dass im Mittelmeer, im zentralen Meer unserer europäischen Geschichte, Menschen auf der Flucht ertrinken." Nur im Miteinander der Staaten hätten die Europäer künftig in der Welt eine Chance, betonte Sternberg. "Europas Bedeutung lässt weltweit stark nach." Damit müssten die Menschen nun gut umgehen. Egoismus in internationalen Beziehungen sei dabei Gift, so Sternberg. "Nationalistische Politik führt in Katastrophen." (Familienbund der Katholiken/Sascha Nicolai/KNA)