Die heftig umstrittenen vorgeburtlichen Bluttests auf Trisomie (NIPT) werden künftig von den Krankenkassen bezahlt. Der Gemeinsame Bundesausschuss von Ärzten, Kliniken und Kassen billigte am Donnerstag in Berlin als letzten Schritt eine Patienteninformation. Die Frauen sollen möglichst gut informiert mit ihrem Arzt darüber entscheiden, ob sie einen Test durchführen wollen.
Zunächst hat jetzt das Bundesgesundheitsministerium zwei Monate Zeit zu einer weiteren Prüfung, bevor eine Veröffentlichung im Bundesanzeiger möglich ist. Voraussichtlich ab Frühjahr 2022 kann der Bluttest dann als Kassenleistung angeboten werden.
Bereits 2019 hatten der Bundesausschuss und das Ministerium prinzipiell grünes Licht für den Test gegeben. Er soll aber nur "in begründeten Einzelfällen bei Schwangerschaften mit besonderen Risiken" durchgeführt werden, hieß es. Voraussetzung für eine Kostenübernahme ist eine intensive ärztliche Beratung.
Bei den seit 2012 in Deutschland angebotenen, nicht-invasiven Pränataltests werden ab der zehnten Schwangerschaftswoche Erbgutbestandteile des Kindes aus dem Blut der Schwangeren isoliert und auf Gendefekte wie Trisomie 21, aber auch 18 und 13 untersucht. Befürworter bezeichnen die Tests als zuverlässig und sicher; bei invasiven Tests komme es dagegen immer wieder zu Fehlgeburten. Kritiker wie Behindertenverbände und katholische Kirche warnen, eine Ausweitung der Tests führe zu einer zunehmenden Diskriminierung von Menschen mit Behinderung und meist zum Abbruch einer solchen Schwangerschaft.
"Der Gemeinsame Bundesausschuss hat es sich zu keinem Zeitpunkt leicht gemacht - weder mit der heute beschlossenen Versicherteninformation noch mit dem Beschluss, den Bluttest auf Trisomien unter bestimmten Voraussetzungen als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung aufzunehmen", erklärte der Vorsitzende Josef Hecken. "Uns ist bewusst, dass die Entscheidung nicht in allen gesellschaftlichen Gruppen auf ungeteilte Zustimmung stoßen wird."
Es gehöre aber zur Realität, dass "dieser Bluttest seit 2012 zugelassen ist, bisher auf eigene Kosten genutzt wurde und gegenüber den seit den 70er Jahren zum Leistungskatalog der Krankenkassen gehörenden invasiven Untersuchungen keine Fehlgeburten auslösen kann", fügte Hecken hinzu. "Es ist rational wie medizinisch richtig, jenen Schwangeren, denen das Wissen um eine Trisomie persönlich wichtig ist, eine sichere Alternative anzubieten." Nach der Orientierungsdebatte im Bundestag im April 2019 seien zudem keine gesetzgeberischen Initiativen zu den Bluttests angestoßen worden.
Experten verweisen darauf, dass künftig immer neue vorgeburtliche Bluttests entwickelt werden. So kam im Herbst 2019 der erste Bluttest auf den deutschen Markt, der Krankheiten wie Mukoviszidose, spinale Muskelatrophie, die Sichelzellkrankheit und die α- und β-Thalassämien beim Embryo in einem frühen Stadium der Krankheit erkennt. Kritiker befürchten einen Trend zum Designer-Baby. (KNA)