Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat erneute Kita-Schließungen im Kampf gegen die Corona-Pandemie ausgeschlossen. Nach einer am Mittwoch vom Minister in Berlin vorgestellten Studie zur Wirksamkeit und Folgen der Coronamaßnahmen bei Kindern und Jugendlichen wären auch die Schließungen zu Beginn der Pandemie nicht nötig gewesen. Kitas seien keine "Pandemietreiber" oder "Infektionsherde" gewesen, so Lauterbach. Die Übertragungsrate sei wesentlich geringer gewesen als in den Familien. Deshalb seien bei Einhaltung von Schutz- und Hygienemaßnahmen künftig keine Schließungen nötig.
Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) beklagte, dass laut Studie sozial benachteiligte Kinder besonders oft von negativen Folgen wie Infektionen und Kitaschließungen betroffen gewesen seien. Sie verlangte einen Vorrang des Kindeswohls bei der Pandemiebekämpfung. Diese hätten oft weniger am Virus selbst als an den Folgen der Eindämmungsmaßnahmen gelitten.
Der Studie zufolge hat die Pandemiebekämpfung die soziale Ungleichheit in Deutschland verstärkt. "Besonders erschreckt mich, dass ausgerechnet sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche besonders stark betroffen sind und so viele Kinder und Jugendliche psychische Belastungen zeigen." So hätten etwa 40 Prozent mehr Kinder Essstörungen, und bei der Hälfte von ihnen habe sich das psychische Wohlbefinden verschlechtert. Benachteiligte Kinder müssten jetzt stärker gefördert werden als Kinder aus nicht benachteiligten Familien. "Hier geht es um die Entwicklungschancen von Kindern und Jugendlichen und um Chancengerechtigkeit in unserem Land", so Paus.
Ebenfalls vorgestellt wurde ein Bericht der Interministeriellen Arbeitsgruppe Kindergesundheit, den das Bundeskabinett am selben Tag beriet. Demnach haben Bund, Länder und Kommunen große Anstrengungen unternommen, um Einrichtungen für Kinder und Jugendliche offen zu halten, ihre Gesundheit präventiv zu fördern und besonders belastete Kinder und Jugendliche stärker zu unterstützen. Der Bericht kommt ebenfalls zu dem Schluss, dass gerade ohnehin benachteiligte Kinder und Jugendliche besonders unter den Folgen der Pandemiemaßnahmen zu leiden haben. (KNA)