Berlin, den 15. Mai 2019 – Anlässlich der Jugend- und Familienministerkonferenz am 16. und 17. Mai in Weimar fordert der Familienbund der Katholiken weitaus größeren politischen Ehrgeiz für das Recht auf Ganztagsbetreuung in Grundschulen. Viele Eltern, die zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf auf einen Hortplatz angewiesen seien, bekämen heute keinen, kritisierte der Verband. „Die Koalition ist weit von ihrem Ziel entfernt, bis zum Jahr 2025 allen Grundschulkindern eine Ganztagsbetreuung anbieten zu können“, sagte heute Familienbund-Präsident Ulrich Hoffmann in Berlin. Jüngste Ergebnisse einer neuen Studie des Deutschen Jugendinstituts (DJI) machten deutlich: „In den nächsten sechs Jahren werden bis zu 665.000 zusätzliche Hortplätze benötigt. Damit wird sich der real existierende Mangel an Betreuungsplätzen in Kindertagesstätten auch in Grundschulen in den nächsten Jahren fortsetzen. Bereits in Kindertagesstätten fehlen nach Schätzungen rund 300.000 Plätze. Ein bedarfsgedecktes Betreuungsangebot für Kinder muss jetzt höchste politische Priorität bekommen.“
„Eine Familienpolitik, die immer wieder beteuert, dass der beste Schutz vor Familienarmut in der möglichst umfassenden Erwerbsarbeit der Eltern liege, muss auch die Voraussetzungen für eine gelingende Vereinbarkeit von Familie und Beruf schaffen“, erklärte Hoffmann weiter. „Die Umsetzung dieses Ziels ist heute in der Praxis bestenfalls schemenhaft zu erkennen. Stattdessen wird der eklatante Betreuungsmangel für Kinder leider weiter im Dickicht der Zuständigkeiten von Bund und Ländern sowie Kultus-, Jugend- und Sozialministerien verwaltet. Die Leidtragenden sind einmal mehr die Eltern. Gemessen an der hohen gesellschaftlichen Bedeutung von Familien, haben Mütter, Väter und unsere Kinder weitaus mehr verdient!“
"Alles, was die Politik auf diesem Gebiet heute unternimmt, kommt Jahre zu spät"
Hoffmann räumte ein, dass sich das Problem heute nicht mehr allein mit gutem politischen Willen und finanziell lösen lasse. „Wie in Kindertagesstätten fehlen auch in den Hortbetreuungen der Grundschulen hunderttausende Erzieher. Alles, was die Politik auf diesem Gebiet heute unternimmt, kommt Jahre zu spät. Denn nur wenig lässt sich so gut prognostizieren wie der Bedarf von Lehrern und Erziehern. Die Politik steht deshalb mehr denn je in der Verantwortung, für den Beruf des Erziehers zu werben und seine Attraktivität deutlich zu stärken, über eine spürbar höhere Bezahlung und verbesserte Ausbildungsgänge.“ Hoffmann unterstützte auch den Vorschlag von DJI-Direktor Thomas Rauschenbach. Er hält in der Grundschulbetreuung auch soziale Arbeiter und Studenten für geeignet.
Der Familienbund der Katholiken stellt der Bundesregierung auch bei ihrem anderen, bereits realisierten politischen Vorhaben zur Flexibilisierung der Arbeit ein schlechtes Zeugnis aus: „Dem im Oktober 2018 vom Deutschen Bundestag verabschiedeten Brückenteilzeitgesetz fehlt der Anspruch, die Vereinbarkeit von Beruf und Familien zu verbessern. Das ist fatal. Damit versagt der Staat mit Familien ausgerecht der Gruppe die erklärte Unterstützung, die sie im täglichen Spagat zwischen Familien- und Berufsleben am Dringendsten braucht. Wofür der Familienbund der Katholiken mit Blick auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf in Deutschland sei Jahren kämpft, ist in anderen europäischen Ländern, zum Beispiel in Skandinavien und Frankreich, längst gelebte Selbstverständlichkeit. Das ist auch volkswirtschaftlich durchaus weitsichtig. Man mache sich klar: Deutschlands Wohlstand hängt von gut ausgebildeten Menschen ab, nicht von Bodenschätzen. Jeder in Bildung und Betreuung investierte Euro zahlt sich für Deutschland um ein Vielfaches aus.“