Wie kann die sorgende Gesellschaft der Zukunft aussehen? Wollen wir die Pflege alter und kranker Menschen den Familien überlassen und die Unterstützung der pflegenden Angehörigen weiter ausbauen? Oder brauchen wir eine stärkere Beteiligung des Staates, damit Familien stärker finanziell und gesundheitlich entlasten werden? Mit diesen Fragen befassten sich die Delegierten des Familienbundes der Katholiken auf ihrer Herbst-Versammlungen in Freising. Rund 70 Delegierte aus den Diözesan-, Landes- und Mitgliedsverbänden trafen sich vom 28. bis zum 30. Oktober im Kardial-Döpfner-Haus am Domberg der Bischofsstadt. Die Bundesdelegiertenversammlung ist das oberste beschlussfassende Organ des Verbandes.
Das Thema „NEUE sorgende Gesellschaft“ ist Teil der Vorhabenplanung des FDK-Präsidenten Stefan Becker und des Präsidiums des Familienbundes. In den vorangegangenen Versammlungen hatten die Delegierten die Schwerpunkte „NEUE Vereinbarkeit“ und „NEUE soziale Gerechtigkeit“ diskutiert. Diese drei Bereiche betrachtet der Familienbund als Bausteine für eine zukunftsweisende NEUE Familienpolitik.
Dass die derzeitige Organisation von Sorgearbeit ein Gerechtigkeitsproblem hat, bewies in Freising eindrucksvoll Prof. Dr. Clarissa Rudolph, Politikwissenschaftlerin und Mitglied im bayerischen Forschungsverbund „ForGenderCare“. Sie plädierte in ihrem Vortrag für ein umfassendes und geschlechtergerechtes Verständnis von Care-Arbeit. Wie das aussehen kann, skizzierte die Politologin Dr. Cornelia Heintze mit einem Blick nach Norden. Sie hält das skandinavische Modell der gemeinschaftlich organisierten Pflege für ein geeignetes Vorbild und wendet sich pointiert gegen die gegenwärtige Pflegepolitik, in der pflegende Angehörige nicht die 'stillen Helden' sind, sondern die Opfer.
Prof. Dr. Rolf Jox, Leiter des FDK-Sachausschusses Familie und Recht, diskutierte mit den Delegierten die Frage, ob Reformbedarf im Sorgerecht besteht und wie aktuelle rechtspolitische Diskussionen aus Sicht des Familienbundes zu bewerten sind. Der Bericht des Präsidenten Stefan Becker zur politischen und verbandlichen Lage stand ebenso auf der Tagesordnung wie die Berichte aus dem Sachausschuss Steuern, Transfers und soziale Sicherung (Reinhard Loos) und aus dem Sachausschuss Recht (Prof. Dr. Rolf Jox). In Arbeitsgruppen besprachen die Delegierten weitere aktuelle Themen aus der Agenda des Familienbundes: Welche Arbeitszeitmodelle sind geeignet für eine gute Vereinbarkeit von Familie und Beruf? Wie werden Erziehungs- und Pflegeleistungen derzeit in der gesetzlichen Rentenversicherung berücksichtigt und was muss wie verbessert werden? Außerdem überlegten die Delegierten neue Ideen zur Präsenz des Familienbundes auf dem Katholikentag 2018 in Münster.
Die nächste Bundesdelegiertenversammlung wird vom 21. bis 23. April 2017 in Berlin stattfinden.