Kompromiss zum Bürgergeld: Notwendiger Inflationsausgleich, aber kein wirklicher Schritt gegen Armut

Der Familienbund der Katholiken begrüßt, dass Bundestag und Bundesrat heute den Weg zum neuen Bürgergeld freimachen. Dass die geplante Anhebung der Regelsätze zum 1. Januar 2023 in Kraft treten kann, ist dringend notwendig, um wenigstens die Folgen der aktuellen Inflation auszugleichen. Eigentlich wäre aus Sicht des Familienbundes eine komplette Neuberechnung der Regelbedarfe erforderlich. Die als Kompromiss vorgesehene Reduzierung des Schonvermögens ist akzeptabel. Dass die sechsmonatige Vertrauenszeit und ein Jahr Karenzzeit gekürzt wurden, bedauert der Familienbund.

Berlin, 25. November 2022 „Positiv am gefundenen Kompromiss ist, dass viele Punkte erhalten geblieben sind, die den neuen Charakter des Bürgergelds zeigen. Andererseits handelt es sich nur um einen kleinen Schritt in Richtung einer ‚bedeutenden sozialpolitischen Reform‘, denn finanziell wird den Armutsbetroffenen kaum geholfen“, erklärte Ulrich Hoffmann, Präsident des Familienbundes der Katholiken.

Der Familienbund hält den neuen Geist des Bürgergeldes für richtig: Anreize und Hilfe statt Demotivation, Weiterbildung statt schnellstmöglicher Vermittlung in prekäre Jobs. „Neben der Karenzzeit und dem Qualifikationsvorrang ist auch die Entfristung des sozialen Arbeitsmarktes ein wichtiger Ansatz, um Perspektiven zu vermitteln“, führte Hoffmann weiter aus. Dass die sechsmonatige Vertrauenszeit gestrichen wurde, bedauert er: „Die sanktionsfreie Vertrauenszeit hätte aus meiner Sicht das Beratungsverhältnis gestärkt.“

Die geplante Erhöhung der Regelsätze um maximal 53 Euro hält der Familienbund für nicht ausreichend. Bei einer realistischeren Berechnung läge das Existenzminimum deutlich höher. Bereits vor der Inflationskrise hat der Familienbund eine notwendige Erhöhung der Regelsätze um mindestens 80 Euro gefordert. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts müssen die Regelsätze neben der Existenzsicherung auch hinreichende soziale Teilhabe ermöglichen.

„Gut ist, dass die Altersvorsorge nicht entwertet, sondern geschont wird und dass das selbstgenutzte Wohneigentum eine neue Härtefallregelung bekommen hat“ ergänzte Hoffmann.

Ein selbstgenutztes Haus bis zu 140 Quadratmetern oder eine selbstgenutzte Eigentumswohnung von bis zu 130 Quadratmetern werden im neuen Gesetz zum Schonvermögen gezählt. Bei Mietern werden die Mietkosten in der einjährigen Karenzzeit in voller Höhe übernommen. Familien können so in ihrem gewohnten Umfeld bleiben und sich darauf konzentrieren, eine neue Arbeit zu finden.  Hoffmann erklärte: „Es ist eine Überlastung der Familien, wenn sie in der Krisensituation der Arbeitslosigkeit neben der Arbeitssuche auf dem aktuell sehr angespannten Wohnungsmarkt eine Wohnung suchen und einen Kita- und Schulwechsel für die Kinder vorbereiten müssen.“

Der Familienbund begrüßt, dass es ein gemeinsames Anliegen aller Beteiligten ist, dass Arbeit sich auch in Zukunft lohnt. Wer arbeitet, muss mehr Geld erhalten als in der Grundsicherung. Um das zu gewährleisten, sollte in erster Linie der Niedriglohnbereich selbst in den Blick genommen werden. Der Familienbund hält es nicht für ein beruhigendes Ergebnis, wenn nach einem Vollzeitjob und dem Bezug von komplizierten Sozialleistungen (Kinderzuschlag, Wohngeld) nach Abzug von Steuern und Abgaben nur wenige hundert Euro über der Grundsicherung übrigbleiben. Hier müssen die Löhne und Sozialversicherungsbeiträge in den Blick genommen werden. Bei Familien hält der Familienbund in der Renten-, der Kranken- und der Pflegeversicherung einen Kinderfreibetrag analog zum Steuerrecht für richtig, der die Leistungen der Familien für den Generationenvertrag anerkennt.

 

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