Pflegende Angehörige in Deutschland sollen es künftig leichter haben, Pflege und ihre Arbeit unter einen Hut zu bringen. Der unabhängige Beirat für die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf legte am Freitag dem Bundesfamilienministerium einen entsprechenden Bericht vor, der unter anderem eine Familienpflegezeit und ein Familienpflegegeld vorsieht, wie "Zeit-online" berichtet. Der Beirat wurde 2015 vom Bundesfamilienministerium eingesetzt. Er soll die Bundesregierung bei einer Reform des Familienpflegegesetzes beraten. In seinem neuen Teilbericht, der der Wochenzeitung vorliegt, empfiehlt das Fachgremium, die bisherigen gesetzlichen Regelungen radikal zu vereinfachen und dazu die Möglichkeiten stark auszuweiten, für die Pflege von Angehörigen bezahlte Freistellungen und Arbeitszeitabsenkungen in Anspruch zu nehmen. Außerdem liefert der Bericht erstmals konkrete Vorschläge für eine Ausgestaltung des Familienpflegegelds als Lohnersatzleistung ähnlich wie das Elterngeld. In Deutschland gibt es rund 4,1 Millionen pflegebedürftige Menschen. 80 Prozent beziehungsweise 3,31 Millionen werden zu Hause versorgt, davon 2,33 Millionen überwiegend durch Angehörige.
Der Expertenbeirat schlägt daher vor, die versprochene Lohnersatzleistung einzuführen und die verschiedenen Gesetze für Pflegezeiten zusammenzuführen. Nach seinen Vorstellungen soll es einen zeitlichen Rahmen von 36 Monaten geben: Maximal sechs Monate lang könnten sich Pflegende dann ganz freistellen lassen, den Rest der Zeit in Teilfreistellung mit mindestens 15 Wochenarbeitsstunden. Das wäre eine Verbesserung zu den heutigen Regeln, wonach man maximal 24 Monate Familienpflegezeit mit Teilzeit nehmen kann.
Zudem empfiehlt das Gutachten, den Kreis der Anspruchsberechtigten stark auszuweiten und dass außerdem mehrere Personen das Familienpflegegeld in Anspruch nehmen und die Pflegezeit flexibel untereinander aufteilen können.
Der Deutsche Caritasverband begrüßte den Bericht. Es sei höchste Zeit, der Situation pflegender Angehöriger die nötige Aufmerksamkeit zu schenken", erklärte Präsidentin Eva Maria Welskop-Deffaa. "Die Erweiterung des begünstigten Pflegenden über den Kreis der Familienmitglieder hinaus und die Einführung eines neuen Familienpflegegeldes als Lohnersatzleistung mit unbürokratischem Antragsverfahren sind gute Ansätze."
Besonders lobte die Caritas die Forderung nach einer Auszeit zur Unterstützung der letzten Lebensphase eines Nächsten oder einer Nächsten. Die vorgeschlagene, bis zu drei Monate dauernde Karenzzeit zur Begleitung des Sterbens sei ein wichtiges Element einer menschenfreundlichen Sorgekultur.
Welskop-Deffaa forderte zugleich, dass der Ausbau von Strukturen, die pflegende Angehörige entlasten, unbedingt Teil der Lösung sein müsse. Neben Tages- und Kurzzeitpflegeplätzen müssten auch faire Regeln für die Beschäftigung von Betreuungspersonal zu Hause zwingend zum Gesamtpaket gehören. (KNA)