Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) lehnt das von der FDP geforderte Gesetz zur Einführung eines Wechselmodells bei Kindern getrennt lebender Eltern ab. Jede Familie gestalte ihr Zusammenleben so, wie es für sie passe, sagte Giffeys Sprecherin Ulla Fiebig der "Augsburger Allgemeinen" (Samstag). "Deshalb verbietet sich aus unserer Sicht für den Fall einer Trennung der Eltern eine einheitliche gesetzliche Regelung, wie das Leben danach gestaltet wird." Es könne immer nur im Einzelfall entschieden werden. Um herauszufinden, wie der Umgang mit den Eltern so gestaltet werden kann, dass er dem Wohl des Kindes am besten entspricht, hat das Familienministerium die Studie "Kindeswohl und Umgangsrecht" in Auftrag gegeben. Die Veröffentlichung soll den Angaben zufolge "voraussichtlich im Laufe des Frühjahrs erfolgen". Die FDP im Bundestag will per Gesetz ein "familienrechtliches Wechselmodell als Regelfall einführen". Der Entwurf wird derzeit im Bundestag kontrovers diskutiert. Giffey hingegen würde statt der "dogmatischen Debatte" um das Wechselmodell lieber die in Trennung lebenden Eltern dazu befähigen, "ihren persönlichen Konflikt von der gemeinsamen Wahrnehmung ihrer Elternrolle zu trennen und ihre Kinder vom Streit zu verschonen". Für die meisten Kinder sei es doch "am besten, auch nach einer Trennung der Eltern guten und regelmäßigen Kontakt zu beiden Elternteilen zu behalten", erklärte ihre Sprecherin.
Staatliche Stellen holen sich nur selten den von ihnen gezahlten Unterhaltsvorschuss für Alleinerziehende von säumigen Elternteilen zurück. Im vergangenen Jahr lag die sogenannte Rückgriffsquote im Schnitt bei 13 Prozent, wie die "Süddeutsche Zeitung" (Montag) unter Berufung auf Zahlen des Bundesfamilienministeriums berichtete. 2017 waren es demnach noch 19 Prozent. Ministerin Franziska Giffey (SPD) betonte in Berlin, dass sich durch die vor rund anderthalb Jahren in Kraft getretene Reform die Zahl der Fälle fast verdoppelt habe. Die Jugendämter hätten daher zunächst mit dieser Antragsflut zu tun gehabt. Diese sei nun zu einem Gutteil abgearbeitet. Daher gelte es jetzt, die Rückgriffsquote zu erhöhen. Die absolute Zahl der eingetriebenen Gelder ist nach Angaben Giffeys sogar gestiegen, von rund 200 Millionen Euro im Jahr 2017 auf rund 270 Millionen Euro im Jahr 2018. Weil aber die Höhe der Auszahlungen zugleich stark gestiegen sei, sei die Rückgriffsquote gesunken. 2018 wurden 2,1 Milliarden Euro an Unterhaltsvorschuss ausgezahlt. Zuständig für das Zurückholen des Geldes seien Länder und Kommunen. Derzeit würden insgesamt 780.000 Kinder und Jugendliche unterstützt, hieß es. Das seien rund 370.000 mehr als vor der Reform. Viele Menschen seien aus "verdeckter Armut" herausgekommen, so Giffey. Nun sei es aber auch wichtig, die heranzuziehen, die eigentlich zahlen müssten, sagte die Ministerin weiter. In der Regel seien das unterhaltspflichtige Väter. Man sollte hier alle Möglichkeiten prüfen und auch unkonventionelle Wege gehen und zum Beispiel - wenn nötig - die Daten von Finanzämtern nutzen. Der Bund werde mit den Ländern auch über die Verfahren sprechen, die bislang je nach Bundesland sehr unterschiedlich ausfielen. Giffey kündigte zugleich eine neue Bundesstatistik zum Thema Unterhalt an. Daraus solle besser ersichtlich sein, welche säumigen Elternteile zahlungsunwillig seien und welche schlicht nicht in der Lage dazu. Alleinerziehende Mütter und Väter haben Anspruch auf staatlichen Unterhaltsvorschuss, wenn der andere Elternteil keinen oder einen zu geringen Unterhalt bezahlt. Das zahlungspflichtige Elternteil kann nachträglich in Regress genommen werden. Mit der Reform, die am 1. Juli 2017 in Kraft trat, wurde die Zahlungshöchstdauer von 72 Monaten aufgehoben. Das Bezugsalter wurde von 12 auf 18 Jahre heraufgesetzt. Die familienpolitische Sprecherin der Linken-Fraktion im Bundestag, Katrin Werner, forderte mehr Personal für die Jugendämter, damit diese ihre Arbeit machen könnten. Ähnlich äußerte sich auch Ministerin Giffey. (Familienbund der Katholiken/Sascha Nicolai/KNA)