Die finanzielle Belastung durch Kita-Beiträge ist in Deutschland laut einer Studie ungerecht verteilt. So werden Eltern, deren Einkommen unterhalb der Armutsrisikogrenze liegt, von Kita-Gebühren überproportional stark belastet, wie aus der am Montag in Gütersloh veröffentlichten Untersuchung "ElternZOOM" der Bertelsmann-Stiftung hervorgeht. Sie müssten einen fast doppelt so hohen Anteil ihres Einkommens für den Kita-Beitrag ihrer Kinder aufbringen wie wohlhabendere Eltern. Der Städte- und Gemeindebund forderte mehr Geld vom Bund. Trotz bestehender sozialer Staffelungen seien die Beiträge ungerecht verteilt, hieß es. Zudem müssten Zusatzgebühren, etwa für Mahlzeiten oder Ausflüge, völlig einkommensunabhängig bezahlt werden. Ärmere Familien zahlten dafür 3,3 Prozent ihres Haushaltsnettoeinkommens, wohlhabendere Familien lediglich 1,4 Prozent. Nach der Definition der EU gelten Menschen als armutsgefährdet, die weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens zur Verfügung haben. Kita-Beiträge und Zusatzgebühren sind zudem in Deutschland laut Studie sehr unterschiedlich. 90 Prozent der Eltern zahlen demnach zwischen 12 und 400 Euro im Monat, der Mittelwert liegt bei 169 Euro. Laut Studie würde eine generelle Beitragsfreiheit für Eltern unterhalb der Armutsgrenze den Bund im Jahr 730 Millionen Euro kosten. Bertelsmann-Vorstand Jörg Dräger äußerte sich skeptisch zur Beitragsfreiheit. Zusammen mit einem nötigen Qualitätsausbau seien damit Aufwendungen in Höhe von 15,3 Milliarden Euro im Jahr nötig. Dem gegenüber habe der Bund bislang nur 3,5 Milliarden Euro für die aktuelle Legislaturperiode zugesagt. Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) betonte, das Einkommen der Eltern dürfe nicht darüber entscheiden, ob und wann Kinder in eine Kindertageseinrichtung gingen. "Eine zentrale Säule unseres Gute-KiTa-Gesetzes ist deshalb der Einstieg in die Beitragsfreiheit. Auch das ist Qualität: Es darf nicht passieren, dass sich Eltern fragen müssen, ob sie es sich überhaupt leisten können, ihre Kinder in die Tagesbetreuung zu geben." Im Herbst 2017 wurden laut Bertelsmann-Stiftung insgesamt 10.491 Eltern von Kita-Kindern in Zusammenarbeit mit dem Politikforschungsinstitut infratest dimap befragt. Die Ergebnisse der aktuellen Studie beruhen demnach auf zwei gesondert erhobenen Stichproben. Der stellvertretende AfD-Fraktionsvorsitzende, Tobias Rausch, erklärte, es sei völlig inakzeptabel, dass gerade die Eltern in einem Niedriglohnland wie Sachsen-Anhalt so viel von ihrem Einkommen für die Kita-Betreuung ihrer Kinder ausgeben müssen. Der Städte- und Gemeindebund mahnte mehr Geld vom Bund für "gute Kitas" an. Die bis 2021 zugesagten 3,5 Milliarden Euro reichten nicht, erklärte dessen Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Dienstag). Der Arbeiter-Samariter-Bund forderte eine grundsätzliche Befreiung von Familien mit geringem Einkommen von den Kosten für den Kita-Besuch.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier fordert von den politischen Parteien, der Alten- und Krankenpflege höchste Priorität einzuräumen. "In unserem Sozialstaat ist die Politik verpflichtet, dafür zu sorgen, dass auch im Alter für alle ein würdiges Leben möglich ist", sagte er am Montag bei der Eröffnung des 12. Deutschen Seniorentages in Dortmund. "Deshalb muss Pflege auf der politischen Agenda erste Priorität bekommen." Das gelte insbesondere im Hinblick auf neue Stellen, die Arbeitsbedingungen, die Ausbildung und die Bezahlung in der Alten- und Krankenpflege. "Der aktuelle Zustand der Altenpflege bereitet Sorge", fügte Steinmeier hinzu. Viele Pflegekräfte seien "oft heillos überfordert". Obwohl sie oft mit höchster Motivation in den Pflegeberuf gegangen seien und auch unter schwierigen Umständen versucht hätten, den alten Menschen mit viel Freude, Zuneigung und Wärme zu begegnen, hätten viele irgendwann resigniert und den Beruf verlassen. "Pflege kann nicht billig sein - und sie darf nicht auf Kosten der Pflegekräfte billig gemacht werden", forderte der Bundespräsident. "Das Wort 'Pflegenotstand' darf nicht mehr lange zu Deutschland gehören." Mit Blick auf die Situation der Senioren lobte Steinmeier deren großes Engagement. Sie bildeten das Rückgrat der Ehrenamtlichen. "Gerade alte Menschen sind heute auf vielen Feldern unterwegs. Und in ihrem Willen, die späten Jahre intensiv und sinnvoll zu leben, sind sie sehr oft im Einsatz für andere zu finden." Der Bundespräsident erklärte, dass für ein eigenständiges und selbstbestimmtes Leben im Alter Wohnung und Lebensumfeld eine zentrale Rolle spielten. "Es muss ausreichend bezahlbare und altersgerechte Wohnungen geben." Ebenso wichtig sei, dass sie in einem Wohnumfeld zu Hause sein könnten, das ihren Bedürfnissen entspricht. Dazu gehörten eine gute Infrastruktur mit Ärzten, Geschäften, Bürgerämtern und Begegnungsstätten. Wenn jedoch die soziale Infrastruktur in manchen Gegenden wegbreche, dann seien alte Menschen quasi doppelt verlassen. "Aber auch in Städten besteht die Gefahr, dass durch nicht bezahlbare Mieten die Alten an den Rand gedrängt werden", so Steinmeier. Der Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen (BAGSO), Franz Müntefering, hatte im Vorfeld auch vor der Diskriminierung junger Menschen gewarnt: "Niemand darf wegen seines Lebensalters diskriminiert werden. Ob er noch sehr jung ist oder inzwischen sehr alt ist oder irgendwo dazwischen", sagte er der "Bild"-Zeitung. Das "Recht auf Teilhabe und Teilnahme am Leben und an der Gesellschaft" habe nichts mit dem Alter zu tun. Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) forderte, die sozialen Berufe attraktiver zu machen. "Ein Fünftel aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Deutschland arbeitet in den sozialen Berufen. Diese Frauen und Männer sind unverzichtbar - in der frühkindlichen Bildung genauso wie in der Pflege." Erforderlich seien deshalb bessere Arbeitsbedingungen und eine bessere Bezahlung. (Familienbund der Katholiken/Sascha Nicolai/KNA)