Ein Kommentar von Stefan Becker
Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig will Kindertagesstätten beim Ausbau ihrer Abend- und Nachtbetreuung staatlich fördern. Dabei geht es ihr nicht um längere Betreuungszeiten für die Kinder, sondern um ein Angebot zu Randzeiten. Neu sind diese Angebote nicht. In vielen Großstädten gibt es bereits Kitas mit Öffnungszeiten bis in die Abendstunden hinein. Und das Familienministerium fördert schon längst im Rahmen eines Bundesprogramms für betrieblich organisierte Kinderbetreuung solche Rund-um-die-Uhr-Initiativen.
Man kann 24-Stunden-Kitas durchaus kritisch sehen. Die Betreuung am Abend und in der Nacht erfordert nochmal ein besonderes Augenmerk auf das Wohl der Kinder und stellt höchste Anforderungen an die Qualität der Einrichtung. Feste und liebevolle Bezugspersonen gehören unbedingt dazu. Auch darf das Angebot nicht dazu führen, dass Betreuungszeiten ausgedehnt werden. Auf keinen Fall darf das 24-Stunden-Angebot ein Freibrief für Arbeitgeber sein, keine Rücksicht mehr nehmen zu müssen auf Arbeitnehmer/innen mit betreuungspflichtigen Kindern. Arbeitgeber haben eine Fürsorgeverantwortung gegenüber Müttern und Vätern, diese zu familienfreundlichen Arbeitszeiten vorzugsweise am Tag zu beschäftigen.
Ein größeres Angebot von 24-Stunden-Kitas muss deshalb einhergehen mit einem größeren Angebot von familienfreundlichen Arbeitszeiten. Möglichkeiten gibt es viele: nicht rotierende Familienschichten, Arbeitszeitkonten, Wunschdienstplanung und Tauschbörsen zum Schichttausch. Jede staatliche Förderung einer 24-Stunden-Kita sollte davon abhängig gemacht werden, dass die örtlichen IHKs und Handwerkskammern aktiv Informationen zur Gestaltung familienfreundlicher Arbeitszeiten für Arbeitgeber anbieten. Ein Förderprogramm, das Arbeitgeberinteressen und Familienbelange auf solche verbindliche Weise koppelt, wäre durchaus sinnvoll.