Stärkung der Rechte biologischer Väter

· Stellungnahmen · Familie und Recht

Stellungnahme des Familienbundes der Katholiken zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Rechte des leiblichen, nicht rechtlichen Vaters

I. Allgemeine Erwägungen
Mit dem o.a. Referentenentwurf wird die zurzeit nicht mit der Europäischen Menschenrechtskonvention im Einklang stehende Rechtslage hinsichtlich der Stärkung der Rechte des leiblichen, nicht rechtlichen Vaters korrigiert. Der Familienbund der Katholiken begrüßt den Ansatz, die Rechte des biologischen Vaters zu stärken, ausdrücklich. Er steht den vom Familienbund vertretenen Grundsätzen zu Ehe und Familie nicht entgegen.

II. Aktuelle Rechtslage und Kernpunkte des Vorschlags
Der biologische, nicht rechtliche Vater hatte bisher lediglich die Aussicht auf ein Umgangsrecht in Bezug auf das Kind, wenn er eine enge Bezugsperson i.S.v. § 1685 Abs. 2 BGB war. Dies führte in den Fällen, in denen der biologische Vater – aufgrund einer bestehenden sozial-familiären Beziehung des Kindes zu einem rechtlichen Vater – keinerlei Kontakt oder Chancen hatte, eine enge Bezugsperson „seines“ Kindes zu werden, zu dem nicht tragbaren Ergebnis, dass dieser biologische Vater keinerlei Rechte in Bezug auf „sein“ Kind hatte. Insbesondere bestand für den biologischen Vater in keiner Weise die Möglichkeit einzubringen, dass er sich um „sein“ Kind kümmern und damit zum Wohl des Kindes beitragen wolle.. Entsprechendes gilt für ein etwaiges Auskunftsrecht; nach der derzeitigen Rechtslage (§ 1686 BGB) setzt dies die rechtliche Vaterschaft voraus.

Der Familienbund der Katholiken begrüßt ausdrücklich, dass mit den vorgeschlagenen Regelungen dem biologischen, nicht rechtlichen Vater ein Umgangsrecht eingeräumt wird und dass dies davon abhängig gemacht wird, dass er durch sein Verhalten gezeigt hat, dass er für das Kind tatsächliche Verantwortung tragen will und der Umgang dem Kindeswohl dient. Damit wird in geeigneter Form verhindert, dass biologische Väter ohne irgendein Zutun das Umgangsrecht beanspruchen und dadurch unnötig Unruhe in die bestehende Familienstruktur zwischen Mutter, Kind und dem rechtlichen Vater bringt. Dies wäre gerade nicht Kindeswohl dienlich.
Jedoch bietet der Entwurf auch Ansätze für Kritik.


III. Zu den Regelungen im Einzelnen

Artikel 1 – Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuches
Einführung eines neuen § 1686a BGB

1. § 1686a Satz 1 Ziff. 1 BGB
a) Es erscheint aus Sicht des Familienbundes der Katholiken vertretbar, dass sich der Gesetzgeber beim Tatbestandsmerkmal „Vater, der durch sein Verhalten gezeigt hat, dass er für das Kind tatsächliche Verantwortung tragen will“ unbestimmter Rechtsbegriffe bedient. Die in der Entwurfsbegründung beispielhaft benannten Kriterien (S. 14) sind geeignet, dies zu belegen. Jedoch werden die Gerichte noch gefordert sein, an Hand weiterer Punkte zu entscheiden, ob der biologische Vater tatsächlich Verantwortung tragen will oder ob dies nur vorgeschoben ist, um an ein Umgangsrecht zu gelangen. Die offene Regelung erlaubt es jedenfalls den Gerichten auch, einem biologischen Vater auch noch Jahre später ein Umgangsrecht zuzusprechen, wenn z.B. der biologische Vater Jahre lang nichts von der Existenz des Kindes erfahren und ab dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme versucht hat, sich um das Kind zu kümmern.

b) Völlig nachvollziehbar ist ferner, dass ein Umgangsrecht des biologischen Vaters daran geknüpft wird, dass der Umgang dem Kindeswohl dient. Nur durch eine sorgfältige Prüfung dieses Merkmals durch das zuständige Familiengericht wird sichergestellt, dass dem Kindeswohl ein hoher Stellenwert einzuräumen ist und über das Kindeswohl sämtliche Rahmenbedingungen, insbesondere die vorhandene Familie mit Mutter, Kind und rechtlichem Vater, ausreichend berücksichtigt werden.

c) Zuzustimmen ist, dass das Umgangsrecht im Ergebnis schließlich voraussetzt, dass die biologische Vaterschaft auch feststeht; im Falle des Bestreitens im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens geklärt wird. Dass hier eine ergänzende Regelung im FamFG (s.u. zu Artikel 2) vorgeschlagen wird, die dazu beitragen wird, dass die biologische Vaterschaft auch geklärt werden kann, ist ebenfalls zu begrüßen. Zutreffend erscheint auch der Vorschlag, die Berechtigung zur Einleitung des Verfahrens davon abhängig zu machen, dass der vermeintlich biologische Vater an Eides statt versichert, der Mutter des Kindes während der Empfängniszeit beigewohnt zu haben.

d) Positiv beurteilt wird auch, dass die Regelung keine Prüfungsreihenfolge der Tatbestandsmerkmale „biologischer Vater“, „gewillt sein, Verantwortung zu tragen“ und „Kindeswohl dienlich“ vorgibt. Auf diese Weise kann das Gericht von einer ggf. Unruhe in das vorhandene Familiengefüge hineinbringenden Prüfung der biologischen Vaterschaft absehen, wenn es die beiden anderen genauso bedeutsamen Tatbestandsmerkmale bereits ablehnt.

e) Zu kritisieren ist aber, dass der Entwurf – anders als bei § 1685 Abs. 3 Satz 1 BGB – keine analoge Anwendung des § 1684 Abs. 3 und 4 BGB angeordnet hat. Nicht verständlich ist, warum der Umgangsberechtigte nach § 1686a BGB anders behandelt werden sollte als die übrigen Umgangsberechtigten. Auch hier sind ggf. Umgangsregeln, Umgangseinschränkungen u.s.w. zu regeln. Daher sollte eine dem § 1685 Abs. 3 Satz 1 entsprechende Regelung in § 1686a BGB aufgenommen werden.

2. § 1686a Satz 1 Ziff. 2 BGB
Abgelehnt wird, dass beim Auskunftsanspruch - anders als beim Umgangsrecht - lediglich eine negative Kindeswohlprüfung erfolgen soll. Zwecks Vermeidung von Unruhe vor allem in Bezug auf die bestehende Familie (Mutter, Kind, rechtlicher Vater) sollte ebenfalls abklärt werden, ob das Verlangen nach Auskunft hinsichtlich der persönlichen Verhältnisse des Kindes wirklich von einem ernsthaften, dem Kindeswohl dienenden Willen getragen ist. Dass hier nur geprüft werden soll, ob der Vater durch sein Verhalten gezeigt hat, dass er für das Kind tatsächliche Verantwortung tragen will, erscheint wie beim Umgangsrecht als nicht allein ausreichend.


Artikel 2 – Änderung des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit

Einführung des neuen § 163a FamFG
Die Regelung des § 163a FamFG erscheint folgerichtig, denn ohne Klärung der leiblichen Vaterschaft scheidet ein Umgangsrecht nach § 1686a BGB aus. Könnten am Verfahren beteiligte Personen hier ihre Mitwirkung ohne weiteres verweigern, liefe das Umgangsrecht völlig leer.

IV. Gesetzesfolgen

Die erweiterte Rechtsposition des leiblichen, nicht rechtlichen Vaters im Bereich des Umgangs- und Auskunftsrechts wird voraussichtlich zu zusätzlichen Verfahren vor allem bei den Familiengerichten führen. Es liegt auf der Hand, dass die Kindeswohlprüfung je nach Lage des Falles intensiv zu prüfen ist. In der praktischen Abwicklung der Fälle bei Gericht wird eine intensive Mitarbeit der Jugendhilfe, die Beauftragung psychologischer Sachverständiger und ggf. die Bestellung eines Beistands für das betroffene Kind erforderlich sein mit Auswirkungen auf Dauer und Kosten der Verfahren. Dies erfordert eine gewisse personelle Aufstockung der Familiengerichte, um eine sinnvolle Bearbeitung der Fälle zu ermöglichen, die den Belangen aller Beteiligten gerecht wird.


Familienbund der Katholiken

Prof. Dr. Rolf Jox,
Vorsitzender des Sachausschusses Familie und Recht

Berlin, den 06. Juli 2012

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